Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Monster und Mittelalter
Hieronymus Bosch ist berühmt für seine Darstellungen von Höllenängsten. In einer Comic-Biografie ist sein Lebensweg nachgezeichnet.
V or 500 Jahren starb der niederländische Maler Hieronymus Bosch im holländischen ’s-Hertogenbosch. Seine Paradiesfreuden, Monster und Höllenängste befeuern bis heute die Fantasie. Sie sind spannend irreal und erstaunlich zeitgemäß.
Wer die reale Zeit des Hieronymus Bosch alias Jeroen Anthoniszoon van Aken und seinen Heimatort näher kennenlernen möchte, dem sei die unterhaltsame Comic-Biografie des niederländischen Zeichners Marcel Ruijters empfohlen. Er zeichnet das Leben das Malers in seinem historischen Kontext und man kann aus seinen Zeichnungen fast den Jauchegestank der Gassen riechen.
Er zeigt Vergnügungen wie das Saufangen, bei dem Blinde zusammen mit einem Schwein in ein Gatter gesperrt wurden, oder die sogenannten Wunderkammern, in denen exotische Tiere, aber auch Kuriositäten wie siamesische Zwillinge zur Schau gestellt werden. Hieronymus Bosch wuchs am Tuchmarkt auf, also mittenmang im Getriebe des Ortes, und arbeitete in der Malerwerkstatt seiner Familie. Ruijters erzählt von Boschs Umgang mit seinen reichen Kunden, dem Klerus, aber er zeichnet vor allem das Leben auf der Straße nach.
Derb ging es zu in ’s-Hertogenbosch, wo der Maler um 1450 geboren wurde. Das Böse ist immer und überall. Zum Beispiel Sodomie mit der Sau – beide, der Sodomist und die Sau, werden dafür gehängt. Die Galgenvögel, Spieler, Gaukler, Prostituierten, Diebe und falschen Heiler tummeln sich auf den Straßen des spätmittelalterlichen Marktfleckens.
Marcel Ruijters: „Hieronymus Bosch“, avant-verlag, Berlin 2016, 160 Seiten, 24,95 Euro
Das ganze schräge Personal findet sich wieder auf den Bildern des Hieronymus Bosch. Ruijters malt zwar Szenen, die auf den Bildern Boschs dargestellt sind, aber er hat seinen eigenen Stil. Der Comiczeichner beschreibt Bosch in seiner Entwicklung vom Handwerker zum immer eigenwilligeren sensiblen Künstler, der von seinen eigenen Monstern und Ängsten geplagt wird. Ängsten, die ihn letztlich daran hindern, in die Welt hinauszuziehen und seinen Heimatort eine Zeit lang zu verlassen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Prognose zu KI und Stromverbrauch
Der Energiefresser
Kränkelnde Wirtschaft
Gegen die Stagnation gibt es schlechte und gute Therapien
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
Anschläge auf „Programm-Schänke“
Unter Druck
Jeff Bezos und die Pressefreiheit
Für eine Zwangsabgabe an Qualitätszeitungen!