Q&A Proteste gegen Ceta/TTIP: Die anderen Feinde des Freihandels
Auch Nationalisten, Identitäre und AfDler lehnen Ceta und TTIP ab. Sie pochen auf nationale Rechte. Welche Rolle spielen sie bei den Protesten?
Am 17. September sollen in Deutschland Hunderttausende Menschen gegen die Freihandelsabkommen TTIP und Ceta demonstrieren. Sind das alles nur Ökos?
Nein. Hinter den Protesten stehen Umwelt- und Sozialverbände, Verbraucherschutzinitiativen, aber auch der Deutsche Kulturrat und der Deutsche Gewerkschaftsbund. Protestieren soll laut Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz „ein breites Bürgerbündnis“, jenseits von Parteien, und auch die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) würde gerne mitmachen.
Warum denn das?
Die AfD als Partei einerseits, aber auch viele innerhalb der patriotischen, völkischen und rechtsextremen Szene lehnen insbesondere das geplante TTIP-Abkommen mit den USA („Achtung, Amis!“) ab.
Mit welchen Argumenten?
Auch die Rechten halten Freihandelsabkommen für eine Gefahr für Sozialstandards und Verbraucherschutz. Auch sie kritisieren die mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen. Ihre Kritik ist dabei vor allem hervorragend geeignet für antiamerikanische, antisemitische und nationalistische Narrative: Wie wahlweise böse Amerikaner oder die globalen Finanzeliten das deutsche Volk ausnehmen wollen. In rechten Internetforen sind TTIP und Ceta daher beliebte Aufregerthemen. Die Berliner AfD-Politikerin Beatrix von Storch schrieb Anfang August einen Brief an das Anti-Ceta-Bündnis mit der Frage, an welcher Stelle der Demonstration in Berlin sich die AfD am 17. September – einen Tag vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl – einreihen dürfe.
Und, wo darf sie?
Gar nicht. Denn die Veranstalter beziehen in nahezu sämtlichen Demonstrationsaufrufen klar Stellung für „eine solidarische Welt, in der Vielfalt eine Stärke ist“. Rechtspopulismus, Rassismus und Antiamerikanismus würden nicht geduldet, schrieben sie auch an die Adresse der AfD.
Aber trotzdem können sich doch Rechtspopulisten und -extreme in die Demos mischen …
Können sie. Das ist angesichts der Größe der Demonstrationen auch zu erwarten – allerdings als Randanekdoten. Als etwa 2015 in Berlin 150.000 bis 250.000 Menschen zur bislang größten Anti-TTIP-Demonstration strömten, nutzten Aktivisten der „Identitären Bewegung“ die Kulisse: Eine Gruppe stürmte in die Menge, schon waren die Fotos im Kasten. Dann dauerte es nur Minuten, bis Polizei und Demonstranten die Rechten abdrängten. Damals rief auch die AfD zur Demo-Teilnahme auf – ohne Effekt.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Prozess zum Messerangriff in England
Schauriger Triumph für Rechte
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument