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Berlins GrünflächenSchöneberger Wildnis soll weichen

In der Bautzener Straße beginnt der Bau eines ökologischen und sozialen Stadtquartiers. Dies stößt nicht nur auf Zustimmung.

Wohnungen vs. Grünflächen: In Schöneberg haben Wohnungen das Rennen um mehr Platz gemacht Foto: Reuters

Vielen gilt der Park am Gleisdreieck als eine der am besten gelungenen Grünflächen in Berlin. Weil für jeden was dabei ist, achten auch alle darauf, dass nichts kaputt geht. Bürgersinn in Schöneberg und Kreuzberg-West. Zwischen dem Park am Gleisdreieck und dem Görlitzer Park liegen Welten, finden manche.

Dabei wird gerne wird vergessen, dass der Gleisdreieckpark das Ergebnis eines Kompromisses ist. Die Investoren am Potsdamer Platz mussten den Park finanzieren, durften aber am Rand der ehemaligen Brache neue Baufelder ausweisen und beim Grundstücksverkauf viel Geld einstreichen. Deshalb gibt es in der Flottwellstraße nun Stadtvillen, deren Bewohner einen Blick auf den Park werfen können.

Dennoch hat sich die Meinung durchgesetzt, dass das ein guter Kompromiss ist: Viel Park gegen ein paar Luxuswohnungen am Rand.

Das Gegenteil von Park

Gar kein guter Kompromiss ist aus der Sicht mancher Schöneberger das, was seit Mittwoch an der Bautzener Straße passiert. Der Streifen Wildnis, den es dort seit Jahrzehnten gab, sagen sie, hätte gut zum Park gepasst. Nun wurde dort der Baubeginn eines ökologischen und sozialen Stadtquartiers gefeiert. Dass dort 300 Wohnungen entstehen, ist freilich das Gegenteil von Park und Wildnis.

Schlimmer noch: Eine grüne Stadträtin habe die Bebauung auf der so genannten Bautzener Brache erst ermöglicht, so die anhaltende Kritik im Bezirk.

Natürlich sieht das Sibyll Klotz, die grüne Stadträtin, anders. Auf der Feier betonte die kampfeslustige Politikerin im Beisein von Baustaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup (SPD), Eigentümer Reinhold Semer und Architekt Oliver Collignon, dass auch an dieser Stelle die Bahntochter Vivico das Gelände an einen privaten Investor verkauft habe.

Geld, es zurückzukaufen, habe der Bezirk nicht gehabt. „Umso mehr habe ich mich gefreut, dass hier ausschließlich Mietwohnungen entstehen“, sagte Klotz. 45 der 300 Wohnungen werden darüber hinaus zu einem Preis von 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet.

Mangel an Alternativen

Die Gegner der Bebauung hatte Klotz immer wieder gefragt, welche Alternative es gegeben hätte. „Hätte man dem Eigentümer die Bebauung untersagt“, so Klotz, „hätte er vielleicht weiterverkauft. Dann hätte es immer noch keinen Park gegeben, aber auch keine bezahlbaren Mieten.“

Ach ja, zum Kompromiss an der Bautzener Straße gehört auch, dass 2.400 Quadratmeter Grünfläche dem Park am Gleisdreieck zugeschlagen werden. Die Bebauungsgegner, mutmaßte Klotz, werde das aber nicht überzeugen. Die Bautzener Straße ist damit auch ein Lehrstück zum Thema Wohnungen und Grünflächen in der wachsenden Stadt .

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3 Kommentare

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  • Auch auf die Gefahr hin gefährliche Halbwahrheiten zu verbreiten… Es ging bei dem Protest der Anwohner auch darum, dass es keine wirkliche Möglichkeit gab, sich am Planfeststellungsverfahren zu beteiligen, denn der Bebauungsplan stand schon beim Verkauf fest. Es wäre auf jeden Fall mal interessant an dieser Stelle auch die engagierten Anwohner zu Wort kommen zu lassen… vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung Recherche?





  • Hellweg-Grundstück und Bautzener Brache sind nicht das selbe.



    Hellweg, das Yorckdreieck, wurde vom SPD Stadtrat Strieder vom Park abgeknappst.



    Bebaut wird die Fläche nördlich der Yorckstaße mit Gewerbe. Zwischenzeitlich ist der Bahn aufgefallen, dass, hätte man nicht alles verhökert, man eine Lösung für den Bahnhof Yorckstr. hätte finden können.







    Die Bautzener Brache südlich der Yorckstraße ging unter der Hand - und damals auch noch unter Mitwirkung eines Strohmannes – später an den Besitzer von Hellweg. Das mit Hellweg und Strohmann war Frau K. bewußt, das hat sie auf den BVV-Sitzungen mitbekommen, aber man kennt ja die Politikeramnesie.







    Was genau für ein Deal da lief?



    Kleiner Tipp, mal die Protokolle der BVV Kreuzberg und Schöneberg durchsehen, als es um den Baumarkt ging.







    Ich sag nur: Brückensanierung und Bolzplatz auf dem Hellweg, preiswerter als jede Bürgerbeteiligung.







    Nicht zu vergessen, dass hinter dem „Umsteiger“ ein liebevoll gepflegtes Biotop abgeräumt wurde, inkl. längjahrigem Bewohner, aber wer braucht auch schon Bachstelzen in der Stadt?







    Die 45 Wohnungen zu 6,50 nettokalt, liegen direkt neben den Gleisen, optimal für Trainspotter. Der Rest wird sich hüten da einzuziehen, weil er nicht die Fenster öffnen kann. Lärmschutz ist von der Bahn dort nicht vorgesehen.







    Und zum Wohnungsbaukonzept von Frau K: Auch am Lokdepot wurde über die Köpfe der Anwohner hinweg ein Investorenprojekt hochgezogen. Ca. 40 % nur temporär genutzt, teure Eigentumswonungen statt Mietwohungen, die man da ja unmöglich hätte bauen können. Der Deal fürs Investorenprojekt, das waren Fahrradrampe und Kinderspielplatz. Superbillig, ne?



    Frau K. ist auf dem TINA-Trip wenn man kritisch nachfrägt, fällt ihr keine Alternative ein. Mir und anderen schon.







    Nein, ich bin nicht in der Bürgerinitiative, sondern einfach nur ein kritischer Citoyen.

     

     

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  • "45 der 300 Wohnungen werden darüber hinaus zu einem Preis von 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet."

     

    War es nicht die taz (oder die F.A.Z. - ich verwechsle Euch ständig...), die neulich darauf hinwies: wenn auch die Kaltmieten niedrig sind, so werden doch über die exorbitanten Nebenkosten unerwünschte Mitmieter ferngehalten, damit die ökologische Avantgarde nicht von Aldi-Tüten in der Hand eines Nachbarn erschreckt werde...