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Falsche Biografie von SPD-AbgeordneterHinz tritt von Parteiämtern zurück

Die SPD-Politikerin meidet jeden Kontakt mit GenossInnen und Presse. An ihrem Bundestagsmandat hält sie vorerst fest.

Petra Hinz meidet die Öffentlichkeit Foto: dpa

Essen taz | Ob das wohl ein Zufall ist: Zwei Emails von Petra Hinz trudelten gerade noch rechtzeitig vor der Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag in der Geschäftsstelle der Essener SPD ein. Darin legt die Politikerin nach wochen- und tagelangem Hickhack zwar nicht ihr Bundestagsmandat, wohl aber alle übrigen Ämter in ihrem Wahlbezirk nieder, einschließlich ihren Vorsitz im Ortsverein Frohnhausen.

Thomas Kutschaty, Chef der Essener SPD und Justizminister in NRW, wirkte erleichtert, fand sogar mitfühlende Worte: “Es muss eine große Belastung sein, so lange an einer Lebenslüge festzuhalten.“

Damit verzeichnet die Drohgebährde der Essener SPD, die der Abgeordneten ein 48-Stunden-Ultimatum für den Rücktritt aller Ämter gestellt hatte, einen bescheidenen Erfolg. Es sei bedauerlich, dass Hinz nicht auch das Bundestagsmandat zurückgegeben habe, musste Kutschaty einräumen, aber “wie sind nunmehr am Ende unserer Möglichkeiten“.

Die Essener spielen nun die leidige Causa auf höhere Ebene ab. Die SPD-Bundestagsfraktion werde sich des Falls auf ihrer erste Sitzung nach der Sommerpause annehmen, das habe ihm Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion zugesichert, so Kutschaty weiter. Von einem möglichen Fraktionsausschluss war nicht mehr die Rede. Formal halte man am Parteiordnungsverfahren fest, doch das Einlenken Hinz’ soll Einfluss auf die Entscheidung des Parteigerichts haben.

Kein Kontakt mit Hinz

Vor bald drei Wochen kam heraus, dass die Politikerin ihren Lebenslauf gefälscht hatte. Über dreißig Jahre lang gab sich die 54-Jährige fälschlicherweise als Volljuristin aus, dabei hatte sie noch nicht einmal Abitur. Die gebürtige Essenerin hatte anschließend zwar angekündigt, ihr Bundestagsmandat abzugeben, ist dem bisher aber nicht nachgekommen.

Laut SPD-Parteichef Sigmar Gabriel befindet sie sich in stationärer Behandlung. Niemand aus dem Vorstand der Essener SPD hat in den vergangenen Wochen Kontakt zu ihr. Die Wieder-Aufnahme der Korrespondenz lässt aber hoffen, dass Hinz vielleicht auch rascher als vermutet ihr Bundestagsmandat niederlegen wird, um weiteren Schaden von ihrer Partei abzuwenden. Kutschaty kündigte an, unverzüglich Kontakt zu ihr aufzunehmen.

Doch der Image-Schaden ist da. Zahlreiche wütende Briefe von Bürger habe er erhalten, die Essener SPD müsse nun zeigen: „Das Bild der Petra Hinz ist nicht das Bild der Essener SPD“, so Kutschaty. Zuvor hatte der Parteivize Karlheinz Endruschat bekannt gegeben, dass knapp ein Dutzend Sozialdemokraten gegen Hinz aus der Partei ausgetreten sind.

Rund 3800 Mitglieder zählt der Unterbezirk Essen noch – es ist der siebtgrößte im Lande – doch noch um die Jahrtausendwende hatte er mehr als doppelt so viele Mitglieder.

Immer wieder die Essener SPD

Erst im Herbst verlor die Essener SPD den Oberbürgermeister-Posten, die ehemalige Parteichefin Britta Altenkamp verweigerte dem Kandidaten ihre Unterstützung. Dann der AfD-ähnliche Aufstand einiger Ortsvereinen im Essener Norden gegen neue Flüchtlingsunterkünfte. Ihr Slogan „Genug ist genug – Der Norden ist voll“ sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Zuletzt wurde bekannt, dass ein SPD-Ratsherr mit der Stadt einen lukrativen Immobiliendeal für neue Asylunterkünfte eingefädelt hatte

Die Nominierung eines neuen Bundestagskandidaten verschiebt die Essener SPD nun auf Ende des Jahres. Kutschaty versichert, er werde sich den Lebenslauf der Kandidaten genau anschauen. Allerding widerstrebe es ihm, sich Zeugnisse vorlegen zu lassen. Politische Arbeit basiere nunmal auf gegenseitigem Vertrauen. Aber wie heißt es doch so schön? Vertrauen ist gut, Kontrolle besser.

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9 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • WARUM KOMMT NACH 30 JAHREN DIE LÜGE AN DAS TAGESLICHT?

    - viele, ehemalige Mitarbeiter haben haben wegen der untragbaren Mobbingzustände von Frau Hinz an den Informer (leider nicht an taz.de) geschrieben

    - es wurde vom Informer.de recherchiert (leider nicht taz.de) und das Machtgehabe entdeckt

    - es werden die Antworten der SPD Essen und Berlin abgedruckt. Sind ein Abdruck von GSL und dem Götterboten Hermes, dass ja Einzelfall und überhaupt wegen Mobbing man nicht verantwortlich ist

    - taz.de könnte über Monate weiterrecherchieren über 1. Mobbing (dto Attentäter von München) und Macht in Organisationen

    - wie wird Macht in Parteien (und anderen Organisationen) aufgebaut, ausgetragen (Gehabe, Wortwahl und Taten) und gesichert.

    - wann ist die Macht zu Ende (Petra Hinz, Helmut Kohl, Uwe Barschel...)

    - es gibt soviel zu recherchieren und zu berichten

  • Ganz ehrlich: Der viel größere Skandal an dieser minimalen Lebenslauf-Kosmetik ist für mich, dass diese offenbar überhaupt nötig ist. Sollte das Parlament nicht eigentlich alle Bevölkerungsschichten adäquat abbilden? Wäre dem so, müsste man davon ausgehen, das deutsche Volk bestünde nur aus Rechtsanwälten, Doktoren und mindestens Abiturienten. Wie sehr sich einfache Arbeiter und Angestellte, die für die Bevölkerung wohl allemal repräsentativer sein dürften, wohl von der akademischen Elite des Landes vertreten fühlen?

  • "An ihrem Bundestagsmandat hält sie vorerst fest."

     

    Gibt es eigentlich einen Elativ von "Chupze"?

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    Ist es schon zu spät für ein paar Hinz & Kunz Witze?

  • Wie verlogen manche Menschinnen doch sind.

  • Da haben wir sie wieder, sie - selbsternannte - "soziale Kümmererpartei" namens SPD.

     

    Leider "kümmert" sie sich mal wieder um die falsche Klientel, eine Dame namens Hinz (wie Kunz).

    Offenbar scheint es der SPD eine "viel zu harte Strafe" zu sein, wenn Frau Hinz - nach einem Rausschmiss aus dem BT (der ohnehin nie kommen wird) in die von ihr selbst geschaffene und bekanntlich "äusserst üppig dotierte" soziale "Hängematte" namens HARTZ 4 - natürlich "wattebäuschchensansoschäfchenweich" plumpsen würde, wie das - für jeden NORMALO-Schufter nach einem Jobverlust heutzutage der Regelfall ist. NORMALfall ist. Das wäre - nimmt man die öffentlich-relativierenden Äußerungen des SPD-Vorsitzenden zu dieser causa zugrunde, wohl selbst für die SPD UNMENSCHLICH und VERANTWORTUNGSLOS, anders kann man seine Relativierungen und sein Kleinreden dieser skandalösen Angelegenheit beim besten Willen nicht deuten.

    Da sieht man - einmal mehr - , wie doch immer schnell mit zweierlei Maß gemessen wird, in dieser Republik.

    Wer sich angesichts eines derart überquellenden Unrechtsbewusstseins noch wundert, warum immer weniger Leute noch zur Wahl gehen (und noch viel weniger SPD wählen...;-)), hat offenbar nichts verstanden.

    "Tolle Vorbildfunktion, sehr authentisch" SPD kann man da nur rufen.

    Und noch was: Es gibt Berichte (ob wahr oder nicht wird sich noch zeigen), daß der Hinz`sche Schwindel in der Essen-SPD seit Jahren BEKANNT war!

    Vor diesem Hintergrund sollte man noch anderen Personen ernsthafte Fragen stellen............

  • Gewählt ist gewählt! Der SPD-Unterbezirk Essen kann Frau Hinz doch überhaupt keine Fristen setzen, um ihr Mandat niederzulegen. Das ist mindestens albern und an der Grenze zur Nötigung. Die Genossen sollten sich lieber mal beizeiten genauer ansehen, wen und was sie da eigentlich so auf ihre Listen setzen. Jetzt stellt sich heraus, man wisse eigentlich gar nichts von der Frau. Weder ihre Familienverhältnisse, noch wo sie lebt und wohnt seien bekannt. Das ist zwar keineswegs verboten, aber für die Bundestagsabgeordnete einer vorgeblichen "Arbeiterpartei" doch schon sehr sehr ungewöhnlich.

  • Es würde bei der Beurteilung des Falles helfen, wenn bekannt wäre, welche finanziellen Nachteile (inkl. Altersversorgung) Frau Hinz sich bei einer Niederlegung ihres Mandats einhandelt. Hat das schon mal jemand recherchiert ?