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geht's nochMehr! Fahrstühle!

Unsere Autorin verlangt doch gar nicht so viel: Einen funktionierenden Aufzug, der sie ohne Umwege über andere Bahnhöfe zum S-Bahn-Gleis bringt

Wer mit Kinderwagen unterwegs ist, wird oft im Regen stehen gelassen. Foto: dpa

HAMBURG taz | Das Kind und ich sind viel unterwegs, 15 Monate ist es alt, also haben wir meist den Kinderwagen dabei. Ich habe einen sehr leichten und wendigen, trotzdem ist das Unterwegssein im öffentlichen Nahverkehr in Hamburg immer wieder ein Problem.

Bis vor Kurzem wohnten wir nahe der S-Bahn-Station Holstenstraße, da gibt es immerhin einen Fahrstuhl. Wenn man mit dem gefahren ist, hat man allerdings immer ein starkes Bedürfnis zu duschen. Entweder riecht es da drin nach Rauch oder Urin, oder man findet menschliche Ausscheidungen jeglicher Art.

Nun wohnen wir nahe der Königstraße. An der S-Bahn-Station gibt es weder einen Fahrstuhl noch Rolltreppen nach unten. Meist sind es junge Frauen oder sehr alte Männer, die mir dann helfen, den Kinderwagen hoch oder runter zu tragen. Oft sorge ich mich um das Kind, wenn mir beim Tragen geholfen wird, mal hängt es schräg im Kinderwagen, mal rutscht es gefährlich weit nach vorn oder hinten, manchmal bin ich unsicher, ob die freundlichen alten Herren überhaupt die Kraft haben, den Kinderwagen sicher zu tragen.

Wenn ich Zeit habe, schiebe ich darum zum Bahnhof Altona, da gibt es Fahrstühle und Rolltreppen. Will man jedoch von oben nach unten fahren, ist das eine Wissenschaft für sich. Fahrstühle sind nämlich nicht ordentlich gekennzeichnet. Da steht dann „Zu den Gleisen“. Ich weiß nicht, wie viele Gleise es im Altonaer Bahnhof gibt, aber es sind einige. Mittlerweile weiß ich, welchen Fahrstuhl ich nehmen muss, aber das hat gedauert.

Vor einigen Wochen waren das Kind und ich in der Innenstadt, wir sind hingeradelt, da war das Wetter noch gut. Als wir zurück wollten, schüttete es in Strömen. Unter einem Dach nahe des Jungfernstiegs googelte ich, wo denn der Fahrstuhl ist und wir eilten dahin. Wir waren nicht die einzigen, die den Fahrstuhl benutzen wollten und wurden erst mal nass. Unten angekommen, in einem Zwischendeck, fragte ich einen Hochbahn-Angestellten, wo denn der Fahrstuhl zur S-Bahn wäre. „Den gibt es nicht“, sagte er. „Am besten, Sie fahren mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof und steigen dort in die S-Bahn um.“

Eine Frau mischte sich ein. „Ich muss auch zur S-Bahn, ich helfe Ihnen.“ Sie trug dann das Kind, ich das Fahrrad. In Altona stiegen wir aus. Der Fahrstuhl war natürlich wieder kaputt, die Rolltreppe auch. Ein HVV-Mitarbeiter trug mein Fahrrad nach oben, ich das Kind. Draußen schien wieder die Sonne.

Ich habe nur einen Kinderwagen, keinen Rollator oder Rollstuhl, keine Beeinträchtigung. Trotzdem ist es für mich schwer, mich mit dem öffentlichen Nahverkehr fortzubewegen. Ohne Hilfe von Anderen käme ich vermutlich nie irgendwo an. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie anstrengend das für RollstuhlfahrerInnen ist. Und wir wohnen nicht auf dem Land, sondern in Hamburg.

Dass jetzt 48 Millionen in die Verschönerung der S-Bahn-Stationen gesteckt werden sollen, ärgert mich. Mit Milchglas statt Fahrstuhl ist niemandem geholfen.

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12 Kommentare

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  • So sehr ich mich manchmal über geisterfahrende Kinderwagenkamikazeschieber auf Bürgersteigen ärgere, so sehr tun sie mir im ÖPNV auch leid und da findet man wirklich reichlich gute Gründe, sich doch lieber gegen Kinder zu entscheiden. Die Autorin hat natürlich völlig recht, wichtiger als "schöne" Bahnhöfe sind Bahnhöfe, die für alle benutzbar sind. Dabei muss es aber gar nicht immer ein Fahrstuhl sein. Fahrstühle sind sehr störungs- und vandalismusanfällig. Oft sind - nicht zu steile - Rampen die bessere Lösung, denn einen gewissen Prozentsatz von Fahrgästen kriegen sowieso grundsätzlich keine zehn Pferde in einen Aufzug. An anderer Stelle stand hier ja erst neulich ein prima Artikel über die vielfältigen Ängste, die einem das Leben - auch trotz funktionierendem Fahrstuhl - sehr schwer machen können. Und was die Kennzeichnung im Bahnhof Altona angeht, die ist tatsächlich so unbrauchbar, dass ich mich da schon öfter komplett verlaufen habe. Die Informationen, die man als Fahrgast so sucht, z.B. wo geht's zu dem Bahnsteig, an dem in aller Regel die S21 nach Bergedorf abfährt, die findet man im Ernstfall garantiert nicht ohne fremde Hilfe.

    • @Rainer B.:

      Ich sach ma so: Es gibt 2 Möglichkeiten - aufs Land ziehen oder auf Kinder verzichten.

       

      Die Infrastrukturen und ÖPNV auf dem Land werden seit Jahrzehnten vernachlässigt, weil man in den Städten keine 3 Stufen mehr ohne Rampe, Aufzug oder Rollband überwinden will.

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Ich kenn die Situation auf dem Land genauso gut, wie die Situation in der Stadt. Wer "keine 3 Stufen mehr" laufen will, der fährt hier wie da ohnehin gleich mit dem Auto. Auf dem Land ist der ÖPNV nur noch ein reines Zuschussgeschäft auf verlorenem Boden und hat praktisch keine Zukunft mangels Zuspruch. In der Stadt macht es dagegen vielfach überhaupt keinen Sinn mehr, mit dem Auto zu fahren, weil man es entweder wegen der vielen Baustellen und Staus gar nicht zeitnah zum Ziel schafft, oder - am Ziel angekommen - sein Auto nirgends problemlos parken kann. ÖPNV auf dem Land ist i.d.R. einmal einsteigen und einmal aussteigen. Dazwischen liegt dann eine Rundfahrt durch den gesamten Landkreis. ÖPNV in der Stadt sieht gewöhnlich so aus: Mit dem Bus zur S-Bahn, mit der S-Bahn zur U-Bahn, von der U-Bahn in den nächsten Bus, oder gleich zu Fuß zum Ziel laufen. ÖPNV ist im Gegenteil in der Stadt eine echte Herausforderung für alle, die nicht 100% fit sind, oder aus anderen Gründen irgendwie "behindert" werden.

  • 3G
    34420 (Profil gelöscht)

    Und was ist an der Hilfe anderer schlimm? Zur Entsolidarisierung der Gesellschaft, die ja nun gut vorangekommen ist, gehört nicht nur die verweigerte Hilfeleistung. Es gehört auch die verweigerte Hilfeannahme dazu.

    • @34420 (Profil gelöscht):

      "Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie anstrengend das für RollstuhlfahrerInnen ist." Schade, Frau Stenzel. Es würde rollstuhlnutzenden Menschen sehr helfen, würden sich mehr Menschen vorstellen wollen, wie behindernd es ist, wenn Fahrstühle gar nicht vorhanden oder kaputt sind.

       

      Denn dass unsere Lobby so gering ist, liegt auch daran, dass sich Menschen "gar nicht vorstellen mögen...".

      • @Lesebrille:

        Wo ist das Problem? Wenn mich ein Rollifahrer fragt, ob ich ihm ein paar Stufen hochhelfen kann, mache ich das einfach und fertig. So kommt man in Kontakt und wenn man dabei noch ein paar nette Worte wechseln kann, um so besser.

        • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          "...mache ich das einfach und fertig" Da liegt das Problem.

           

          Es ist schön und gut auf hilfsbereite Mitmenschen zu treffen. Aber wenn die eigene Denkleistung meiner unbehinderten Mitmenschen nicht darüber hinausgeht, sich kurz über den kaputten/nicht vorhanden Fahrstuhl aufzuregen und dann wieder weiterzugehen, dann bleibt es an rollstuhlnutzenden Menschen hängen, um die Reparatur/den Einbau zu kämpfen.

           

          NutznießerInnen sind jedoch alle!

           

          Und ich finde es ebenfalls problematisch, wenn offenbar von nicht wenigen meiner unbehinderten Mitmenschen erst gar nicht darüber nachgedacht wird, ob es für uns ok ist getragen zu werden.

           

          Wie kommen Sie darauf, dass es für mich normal sei oder angenehm oder ähnliches, dass ich Übergriffe nicht nur zulassen, sondern regelrecht erbitten soll? Denn als solche empfinde ich das.

           

          Fremde Menschen packen zwar vielleicht "nur" meinen Rollstuhl an, aber ich als "Inhalt" kann bei Nichtgefallen nicht aussteigen, wenn es mir nicht gefällt. Und wenn der Rollstuhl fällt, falle ich. Das verschiebt meine Körpergrenzen eindeutig nach aussen, mein Gegenüber hat mich damit in der Hand. Kein gutes Gefühl!

           

          Sie gehen nach getaner Hilfe mit gutem Gefühl wieder weiter, rollstuhlnutzende Menschen haben zwar das andere Ende der Treppe erreicht, aber keineswegs die Integrität ihres Körpers schützen können.

           

          Das ist ein Problem - nicht nur für rollstuhlnutzende Frauen!

      • @Lesebrille:

        Das sollte nicht unter @AUCHDASNOCH stehen. Sorry!

    • @34420 (Profil gelöscht):

      Tatsächlich sind mehr Menschen freundlich und hilfsbereit, als viele denken.

       

      An dieser Hilfsbereitschaft ist auch nichts schlimm. Dennoch bin ich nicht bereit, auch von jedem Menschen Hilfe annehmen zu wollen. Wenn sich zum Beispiel mein Gegenüber kaum noch auf den Beinen halten kann, dann lehne ich dankend ab.

       

      Ich bin rollstuhlnutzend und finde nicht, dass ich das Risiko eingehen muss, mitsamt dem Stuhl eine Treppe hinunter zu fallen. Dass dieses Risiko immer besteht, heisst ja nicht, dass ich es bewusst vergrössern muss.

    • @34420 (Profil gelöscht):

      "Meist sind es junge Frauen oder sehr alte Männer, die mir dann helfen, den Kinderwagen hoch oder runter zu tragen."

       

      Man bekommt das Gefühl das die Autorin tatsächlich nicht mehr bereit ist aktiv um Hilfe zu bitten, und ihr daher immer nur von Personen geholfen die sich aufgrund akuter Langeweile aktiv anbieten. Und das sind dann wohl in erster Linie alte Männer die sich mit dem Gewicht eines halben Kinderwagens selbst überfordern?

       

      Aber die Grundproblematik ist natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen, Hilfe beim Kinderwagen-Transport ist ja die eine Sache, einer Person im Rollstuhl eine Treppe hoch zu helfen dürfte die meisten Menschen aber ohnehin überfordern.

      • 3G
        34420 (Profil gelöscht)
        @ShieTar:

        Man könnte, auch wenn das im Einzelfall, in dem man wirklich mal völlig verlassen vor so einer blöden Treppe steht, nicht weiterhilft, mal fragen, in wievielen Ländern dieser Welt gibt es noch mehr Rolltreppen, Aufzüge (Ein Fahrstuhl ist was ganz anderes!)? Und wie kommen Menschen dort zurecht?

        • @34420 (Profil gelöscht):

          Sorry, aber der "Einzelfall" ist so häufig, dass ich, wollte ich sie zählen, kaum mehr zu etwas anderem käme. Ihre Frage mag ja berechtigt sein, sensibilisiert vielleicht sogar dafür, dass nicht nur in Deutschland noch mehr gemacht werden muss, um die Barrierefreiheit voranzutreiben. Dennoch muss ich Ihnen vollkommen recht geben: es hilft vor einer Treppe nicht weiter.

           

          Denn auch wenn ich beim Anblick der Treppe noch so lange nachdenke, wird diese Treppe nicht zum Aufzug!