heute in Bremen: „Es gab Tränen“
Theater 14 junge Menschen aus Syrien, Iran, Türkei, Guinea und Deutschland tanzen ihre Biografien
57, ist Choreografin und Tänzerin und arbeitet sowohl mit Professionellen als auch – im Kontext von sozialen und Bildungsprojekten – mit LaiendarstellerInnen.
taz: Frau Witte, worin unterscheiden sich Ihre beiden Stücke Friedenskrieger I und II?
Christine Witte: Beim ersten Projekt haben wir nur getanzt, für dieses arbeiten wir zusätzlich sehr viel mit Sprache. Die Jugendlichen erzählen von sich und ihren Fluchtgeschichten. In den Proben haben sich dafür zunächst alle gegenseitig interviewt.
Gab es Tränen?
Oh ja, natürlich, die gibt es bei dieser Arbeit immer. Ich beobachte, dass die Traumata allmählich durchkommen, je länger die Geflüchteten hier sind. Das wird auch für das Publikum spürbar. Ein junger Mann aus Guinea, er ist gerade 17 geworden, wird über sein Heimweh sprechen. Er sagt, er hat alles. Zu essen, zu trinken, ein Zuhause, aber er hat so ein Heimweh.
Das klingt, als würde es ein schwermütiger Abend.
Nein, überhaupt nicht. Die TänzerInnen wollen ja auch, dass die Leute mit einem positiven Gefühl herausgehen und nicht nur weinen, sondern auch lachen. Aber sie sollen auch wirklich verstehen, was es heißt, auf der Flucht zu sein. Das hat die Bremer Jugendlichen, die mitmachen, nachhaltig verändert. Ihnen ist jetzt klar, dass es ihnen auch jederzeit passieren könnte, dass plötzlich nichts mehr ist wie es vorher war.
Ist es ein Lehrstück?
Nein, wir haben fünf Monate daran gearbeitet, es ist professionell arrangiert und es wird eine sehr dichte Atmosphäre geben.
Wie schwierig ist es, solche Projekte als Freiberuflerin durchzuziehen?
Ich würde mir schon eine Institutionalisierung wünschen, einfach weil ich diese Arbeit für so wichtig halte. Kunst ist eine Brücke zur Seele und zu anderen Menschen, da braucht es keine Worte, keine Erklärungen.
Was wäre anders, wenn es einen institutionellen Rahmen gäbe?
Wir hätten einen Probenraum! Das würde schon einmal vieles erleichtern. Aber schwierig ist diese Arbeit auch wegen der Bedingungen, unter denen die Geflüchteten hier leben. Viele haben oft die Proben ausfallen lassen, weil sie so frustriert waren über ihr Leben in der Warteschleife, das sie zu Nummern degradiert, während sie endlich in der Normalität ankommen wollten.
Interview: eib
19.30 Uhr, „Roter Raum“, Kunsthalle Bremen
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