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Spätes Schmerzensgeld für Castor-Blockierer

BVG Polizei muss beim Gewahrsam Richtervorbehalt beachten

Über viele Stunden keine richterliche Entscheidung herbeigeführt

FREIBURG taz | Erfolg für Castor-Demonstranten: Wenn sie ohne „unverzügliche“ richterliche Zustimmung stundenlang im Polizeigewahrsam ausharren müssen, haben sie Anspruch auf Schmerzensgeld. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht.

Konkret ging es um einen Vorfall im Rahmen des Castor-Transportes im November 2011. Auf der Bahnstrecke zwischen Lüneburg und Dannenberg versuchten rund 3.000 Demons­tranten, den Transport mit einer Sitzblockade aufzuhalten. Die Polizei löste die Versammlung zwar auf, doch die Hälfte der Demonstranten blieb auf den Gleisen. Daraufhin wurden gegen 4 Uhr morgens 1.346 Personen in Gewahrsam genommen, um weitere Ordnungswidrigkeiten zu verhindern.

Der Gewahrsam wurde auf einem nahe gelegenen Feld durchgeführt – bei Außentemperaturen von 5 bis 10 Grad und leichtem Regen. Immerhin hatte die Polizei 30 mobile Klos aufgestellt. Im Lauf des Morgens kam es zu Unruhen unter den Gefangenen, die Polizei setzte Pfefferspray ein. Erst gegen Mittag, nach über acht Stunden, wurden die Demonstranten nach Angabe ihrer Personalien entlassen. Während der gesamten Zeit wurden die Demonstranten keinem Richter vorgeführt, obwohl bei der Gefangenensammelstelle Lüchow ein richterlicher Bereitschaftsdienst eingerichtet war. Dass das Vorgehen der Polizei rechtswidrig war, stellte das Landgericht Lüneburg 2014 fest. Der Richtervorbehalt für den Gewahrsam sei verletzt worden.

Ein betroffener Demonstrant forderte anschließend 500 Euro Schmerzensgeld. Dies lehnte das Landgericht ein Jahr später aber ab. Die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts sei nicht schwerwiegend genug gewesen. Es genüge, dass die Rechtswidrigkeit des Gewahrsams gerichtlich festgestellt wurde.

Eine Verfassungsbeschwerde des Demonstranten hatte jetzt Erfolg, und eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts hob die Lüneburger Versagung des Schmerzensgeldes auf. Eine achtstündige Freiheitsentziehung unter Missachtung des Richtervorbehalts sei eine durchaus nachhaltige Beeinträchtigung. Sie sei auch geeignet, andere Demonstranten von der Wahrnehmung ihrer Grundrechte abzuhalten. Die Polizei habe auch nicht nur ein „Abwicklungsproblem“ mit den vielen festgesetzten Blockieren gehabt. Vielmehr habe sie, so die Verfassungsrichter, „über viele Stunden“ weder eine richterliche Entscheidung herbeigeführt noch die Demonstranten entlassen. Die nicht zulässige Gleisblockade hielten die Karlsruher Richter für die Frage des Schmerzensgeldes für irrelevant. Christian Rath

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