: „Es gibt einen unglaublichen Handlungsbedarf“
Hilfe für MigrantInnen: Bremen hat jetzt einen amtlichen Dolmetscherdienst im Gesundheitsbereich mit 65 Übersetzern und 30 Sprachen
Bremen taz ■ Wer des Deutschen nicht mächtig ist und Hilfe braucht, der muss vor allem eines schaffen: sich verständlich machen. In Bremen gibt es dafür jetzt Hilfe von Amts wegen. Gestern stellte Gesundheits- und Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) den Dolmetscherdienst für MigrantInnen im Gesundheitsbereich vor. „Migranten haben ein Recht auf Chancengleichheit, auch beim Erhalt ihrer Gesundheit“, so Röpke. Übersetzungsbedarf gebe es jede Menge, angefangen bei Informationen über Krankheiten, Therapiemöglichkeiten und Dosierung von Medikamenten bis hin zu einem kulturellen Austausch über Worte hinaus.
Wo bisher oft die deutsch sprechenden Kinder, die türkische Putzfrau oder der syrische Arzt einsprangen, sollen qualifizierte Dolmetscher den Migranten künftig professionell zur Seite stehen. Eine Datei im Gesundheitsamt verzeichnet 65 DolmetscherInnen, die 30 Sprachen beherrschen. Über eine zentrale Telefonnummer im Amt können Ärzte, Krankenhäuser oder Beratungsstellen den Übersetzer anfordern, „bitte mit Vorlauf“, so Projektmanagerin Anni Nottebaum, damit Termine und auch individuelle Wünsche – Mann, Frau? – koordiniert werden können. Ein Dolmetscher vom Dienst kostet pro Stunde 24 Euro, plus pauschal angesetzten Fahrtkosten von 16 Euro. Die Kosten trägt die Einrichtung, die den Dolmetscher bestellt, der wiederum drückt einen kleinen Teil seines Honorars ans Gesundheitsamt ab – als eine Art Vermittlungsgebühr.
Das Projekt ist entstanden in Zusammenarbeit des Gesundheitsamts mit dem Zentrum für Flüchtlinge Refugio und dem Ressort. Finanziert ist es erstmal mit 18.000 Euro aus dem Wettmitteltopf, und nach der jetzt angelaufenen Probephase bis Ende des Jahres soll sich der Dienst soweit bewährt haben, dass er zum Selbstläufer wird. Es gibt bereits so genannte Kooperationspartner wie die Ärztekammer oder der Klinikverbund Gesundheit Nord, die den Dienst regelmäßig nutzen wollen und dafür einen Beitrag über die Honorare hinaus zahlen. Die Organisatoren hoffen auf weitere Partner.
„Es gibt einen unglaublichen Handlungsbedarf“, sagt Karin Röpke, und deshalb sind sich die Beteiligten sicher, dass der Dolmetscherdienst ein Erfolg wird.
Neben München und Hannover ist Bremen die dritte Stadt in Deutschland, die jetzt einen professionellen Dolmetscherdienst im Gesundheitsbereich hat. sgi
Der Dolmetscherdienst Bremen ist zu erreichen unter ☎ 041/361 59 598.
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