Achtelfinale Mario Götze tollt vor dem Spiel gegen die Slowakei gut gelaunt durch den Sand. Um seinen Platz auf dem Feld muss er bangen: Wertverlust der Marke G
Aus Paris Johannes Kopp
Aus dem Basislager der deutschen Mannschaft in Evian dringen ja nur wenige Bilder nach außen. Wer sich einen Eindruck über das Innenleben der Auswahl vor der Partie gegen die Slowakei machen will, ist auf das Material angewiesen, das der Deutsche Fußball-Bund zur Verfügung stellt. Wenn man diesen sorgfältig ausgewählten Bildern glaubt, geht es dort derzeit so locker zu wie in einem Ferienlager. Streetbasketball und Beachvolleyball standen auf dem Programm. Und was auffiel: Mario Götze war immer dabei, sowohl bei der coolen Runde unterm Korb als auch beim lustigen Hechten im Sand.
Götze scheint also bestens integriert. Auch der Bundestrainer hat dem Dauerreservisten des FC Bayern München bei dieser EM stets einen Platz in der Startelf frei gehalten. Joachim Löw hat eine schlichte Erklärung, weshalb die Karriere des 23-Jährigen zuletzt so gewaltig ins Stocken geraten ist. Die letzte gute Tat von Götze, die in Erinnerung geblieben ist, liegt bereits zwei Jahre zurück, als er im WM-Endspiel gegen Argentinien kunstvoll den entscheidenden Treffer erzielte. Löw sagt: „Er braucht einen Trainer, der ihn unbedingt in seiner Mannschaft haben will.“
Logisch also, dass er ihm einen großen Vertrauensvorschuss einräumte. Zumal für Löw der Einsatz von Götze, insbesondere nach dem Ausfall von Marco Reus, kaum von seinen Vorstellungen zu lösen war, wie das deutsche Team idealerweise spielen soll: ball- und kombinationssicher. Nur ist Vertrauen letztlich auch eine endliche Währung. Im ersten Spiel musste Götze lediglich aus Gründen des Zeitgewinns bei eigener Führung in der 90. Minute vom Platz. Gegen Polen tauschte ihn Löw bereits in der 66. Minute aus. Ihm fehlte die Zuspitzung im Angriffsspiel. Am Dienstag trabte Götze schon in der 55. Minute vom Feld.
Gern, verriet der Bundestrainer nach der Partie, hätte er einigen seiner Spieler eine frühe Pause gegönnt. Wegen des knappen Spielstands (1:0) wollte er aber nicht auf sie verzichten. Im Umkehrschluss bedeutet das: Götze zählt für Löw nach seinen bisherigen Vorstellungen eher zu den entbehrlichen Größen. Als sich für ihn gegen Nordirland die bislang so vermissten Räume öffneten, stach seine Versagerquote vor dem Tor besonders ins Auge.
Er ist offenbar zu der Erkenntnis gekommen, dass er angesichts des schleichenden Vertrauensverlustes seinen Einsatz außerhalb des Spielfelds verstärken muss. Zu seiner kürzesten Partie bemerkte er: „Ich finde, ich habe mein bestes EM-Spiel gemacht.“ Man kann zumindest nicht behaupten, Götze würde merklich mit seinen Leistungen vom Rest der Mannschaft abfallen. Sein Fleiß und seine Unermüdlichkeit sind ihm zugutezuhalten. Nur war er für mehr vorgesehen: für die besonderen Momente im deutschen Angriffsspiel.
Joachim Löw
Sollte Löw aus der letzten Partie den naheliegenden Schluss gezogen haben, dass eben nicht nur Gomez, sondern auch Müller sich im Sturmzentrum wohler fühlen als Götze, dann muss dieser sich künftig mit Julian Draxler, André Schürrle und eventuell noch Leroy Sané um einen Platz auf dem Platz streiten.
Die vermeintliche Systemfrage Götze oder Gomez stellt sich derzeit so gar nicht. Den Bayern-Spieler macht das auch in der Nationalelf entbehrlicher. Bei der WM 2014 war er übrigens auch nur Ersatz. „Mal ist man der Hund, mal ist man der Baum.“ Ganz cool gab sich Götze angesichts der Kritik. Er verschwieg dabei höflich, dass er sich seit langem angepisst fühlt. Aber in den sozialen Netzwerken werkeln er und seine Crew schon lange an dem glatten Bild eines Mannes, der mit allen und allem locker zurechtkommt. Ein eigenes Logo hat er sich gar entwerfen lassen: Ein G mit einem Pfeil nach oben. Damit sollen sowohl „Götzes fußballerisches Können als auch sein Lifestyle“ symbolisiert werden, hieß es damals in einer Erklärung.
Basketball und Beachvolleyball passen offenbar zum Lifestyle von Götze. Über seinen Twitter- und Facebook-Account hat er die DFB-Bilder aus Evian gleich weiterverbreitet.
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