Korruptionsvorwürfe gegen Bundesanstalt: „Klimarealisten“ unter Verdacht
Vorwürfe gegen die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe: Angeblich hat sie ihre Studien von der Industrie finanzieren lassen.
BERLIN taz | Klimaskeptiker feiern die staatlich finanzierte Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) heute noch als „Pionier des Klimarealismus“. In einer „Klimafakten“ genannten Untersuchung war die BGR zum Schluss gekommen, nicht CO2, sondern Wasserdampf sei die Hauptursache des Klimawandels. Eigentlich ist es Aufgabe der „technisch-wissenschaftlichen Oberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie“, der Politik mit unabhängiger Expertise zur Seite zu stehen.
Aber schon immer galten die BGR-Studien zu Fracking, Atommüll oder eben dem Klimawandel als besonders industrienah. Jetzt belegen Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR, dass die Behörde mit fast 800 Mitarbeitern in Hannover sich tatsächlich in einigen Fällen von der Industrie hat bezahlen lassen.
Bei Politikern firmiert die BGR inzwischen als „Spendensammelclub für gekaufte Gutachten“. Am Donnerstag gingen bei der Staatsanwaltschaft Hannover Strafanzeigen wegen des Verdachts auf Vorteilsgewährung und Bestechlichkeit bei BGR und Stiftung ein.
Der Vorwurf: Die nach dem ehemaligen BGR-Chef genannte und in der Behörde angesiedelte Hans-Joachim-Martini-Stiftung „belohnt“ bereits seit den 80er Jahren Mitarbeiter mit „Preisgeldern“ für ihre Arbeit. Der Clou: Das Geld der Stiftung kam jahrzehntelang von der Industrie. „Förderer“: die Chemiekonzerne Bayer und Hoechst, der Braunkohle-Produzent Rheinbraun (heute RWE), der Erdöl- und Erdgas-Riese Wintershall oder Kali + Salz.
Vorsitzender ist derzeit laut Satzung der Vorsitzende des BGR-Kuratoriums – also Martin Bachmann, Vorstand beim Gasförderer Wintershall und Vorsitzender des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie. Welche Intention die Gründer verfolgten, zeigt eine interne Notiz von 1981. Darin heißt es: „Die Stiftung soll dazu dienen, junge bzw. verdiente Mitarbeiter der BGR durch maßvolle finanzielle Anreize zu belohnen“. So wurden jahrzehntelang weitgehend im Verborgenen den Stiftern genehme Studien, Tagungen oder Empfänge mit dem Logo der BGR gesponsert. 1995 gab es für die Klimauntersuchung 50.000 Mark.
Die Studien der BGR sollen erneut geprüft werden
Umstritten ist auch eine von der Stiftung unterstützte Gorleben-Untersuchung: Dabei ging es um Gasvorkommen, die im Salzstock entdeckt worden waren. Die BGR hielt die Konzentration des Gases für zu klein, um eine Gefahr darzustellen. Ein von Greenpeace beauftragter Geologe bekam im Februar 2011 genau das Gegenteil heraus.
Dass sich Schacht Konrad als Endlager für geringstrahlenden Atommüll eignet, bezweifelt Ludwig Wasmus schon lange. Nun bekomme der Verdacht, dass die BGR die geologischen Verhältnisse im stillgelegten Eisenerz-Bergwerk beschönigt hat, „neue Nahrung“, sagt der Vorstand der AG Schacht Konrad. „Es gibt ja schon während des ganzen Verfahrens fachliche Kritik an der Erhebung der Naturdaten und den Berechnungen zur Langzeitsicherheit.“
Auch andere BGR-Studien über die unterirdische Lagerung von Kohlendioxid (CCS) oder Fracking müssten nun grundlegend geprüft werden, sagte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). BGR und Stiftung weisen die Vorwürfe allerdings fast wortgleich zurück.
Leser*innenkommentare
KnorkeM
das ist doch ein schlechter scherz. der europäische parlamentarismus ist vollständig korrumpiert und die Justiz nie ganz entnazifiziert worden, nicht mal in Schland. da hilft's auch nicht, auffällig Gewordene auszuliefern bzw "es gibt nichts Richtiges im Falschen."
achterhoeker
Die BGR hat schon immer Untersuchungen und Gutachten in Zusammenarbeit mit der Industrie angefertigt. Mir ist zum Beispiel ein Projekt im Ostpazifik noch in guter Erinnerung, welches in Zusammenarbeit mit der Preußag durchgeführt wurde.
Daraus nun die Glaubwürdigkeit dieser Anstalt in Zweifel zu ziehen erscheint mir zu voreilig. Natürlich hat die BGR im Falle Gorleben immer eine andere Position vertreten als die Gegner. Nach dem Motto:"Irgendwo müssen wir ja hin mit dem Abfall", wurden Machbarkeitsstudien produziert, die eben nicht der Verhinderung dienten. Zu diesem Zeitpunkt gab es den Landesfürsten Ernst Albrecht, dessen sonderbare Regierung auch entsprechenden Druck auf die Behörde ausübte.
Gefördert wird die Unsicherheit allerdings durch die Tatsache, dass viele Modelle in den Geowissenschaften die heutigen Gegebenheiten erklären können, aber nicht der Wahrheit entsprechen müssen. Kaum eine andere Wissenschaft ist so von persönlichen Intrigen, Neid, Feindschaften und Täuschungsmanövern in fanatisch ausgetragenen Glaubenskriegen gekennzeichnet wie eben diese Geowissenschaften.
Daher können die Forschungsergebnisse oft vielfältig und politisch korrekt interpretiert werden. Denn niemand kann die Bildung eines Lagerstättenkörpers wirklich verfolgen. Dazu sind Millionen von Jahren nötig. Ein Menschenleben bedeutet nichts weiter als einen momentanen Schnappschuss.
Keiner kennt die physikalisch-chemischen Vorgänge zur Zeit der Bildung der Erzlagerstätten in Deutschland vor 300 Millionen Jahren.
Das muss man bei solchen Betrachtungen berücksichtigen. Skepsis ist eine Kardinalstugend.
TurboPorter
Na aber, schon wieder die Verschwörungstheorien?
Und wenn Greenpeace einen Geologen bezahlt, ist der dann unabhängig? Bei Gutachten wie dem zur Brent Spar zeigte sich ja immer wieder, was für wissenschaftliche Nieten Greenpeace anheuert.
Das sind ja immerhin kein sozialwissenschaftlichen Auftragsarbeiten, sonderen Ingenieursgutachten und wissenschaftliche Studien. Die kann man tatsächlich auch faktisch prüfen.
lions
Von mir schon lange verdächtigt, wie auch BfR.