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Rassismus in Sachsen-AnhaltNicht in meiner Kolonie!

Kleingartenvereine in Wittenberg sollen einem Syrer und einem libanesisch-stämmigen Deutschen die Aufnahme verweigert haben, berichtet die „Mitteldeutsche Zeitung“.

Immer schön im rechten Winkel: deutsches Freizeitidyll Kleingartenverein Foto: dpa

Halle epd | In Wittenberg lehnt einem Zeitungsbericht zufolge ein Kleingartenverein die Aufnahme von Migranten ab. Die Landes-Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck verurteilte die Entscheidung scharf: „Niemand darf wegen seiner Herkunft ausgeschlossen werden“, sagte die Staatssekretärin im Sozialministerium der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung. Der Vorfall verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz und gegen das Antidiskriminierungsgesetz.

Der libanesisch-stämmige Unternehmer Ali Ismais hatte sich demnach bei der Sparte „Am Trajuhnschen Bach“ in Wittenberg um eine frei werdende Parzelle bemüht. Als Antwort habe er vom stellvertretenden Vereinschef Horst Kubasic erhalten: „Wir wollen keine Ausländer.“ Kubasic bestätigte das gegenüber der Zeitung und erklärte, es gebe in der Sparte schon genügend Ausländer – nämlich Russlanddeutsche. Mehr seien nicht gewollt. Ismais reagierte empört: „Unverschämt! Das ist Fremdenhass!“

Der Unternehmer mit libanesischen Wurzeln, der seit 26 Jahren einen deutschen Pass hat, ist offenbar kein Einzelfall in der Stadt, berichtet die Zeitung weiter. Eine Flüchtlingsbetreuerin habe von einem Mann aus Syrien berichtet, dessen Bewerbung um einen Garten von einem anderen Verein abgelehnt worden sei.

Die Betreuerin sagte, ein Gespräch des Syrers mit den Verantwortlichen sei „abgelaufen wie ein Verhör. Er wurde gefragt, ob seine Frau Kopftuch trage oder verschleiert sei“. Per Mail habe der Mann dann die Ablehnung erhalten. „Zur Begründung hieß es, Gärten sind für Ausländer nicht vorgesehen“, so die Betreuerin.

Der Landesverband der Gartenfreunde distanzierte sich den Angaben zufolge von der Ausgrenzung: „Wir sind nicht ausländerfeindlich“, erklärte Präsident Peter Riebeseel, „im Gegenteil, wir sind doch froh, wenn wir Menschen finden, die ticken wie wir“. Viele Gartenvereine im Land klagen über Nachwuchsmangel, betonte die Zeitung.

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8 Kommentare

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  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    "Viele Gartenvereine im Land klagen über Nachwuchsmangel, betonte die Zeitung."

    Ja, wie blöd sind denn die Laubenpieper? Finden die kein Plätzchen, wo dieses Problem mittelfristig zu lösen wäre, wenn sie schon gegen die kurzfristige Lösung sind?

  • Sehr schön. Hier sagt mal ein Kleingartenverein ganz offen, was viele denken. Klar, es gibt, gerade in Berlin und im Ruhrgebiet, viele Vereine, die schon einen hohen Migrantenanteil haben (v.a. Türken, Russlanddeutsche). Aber es gibt auch viele, die wo die autochthonen Deutschen noch weitgehend unter sich sind und es - ohne das klar zu benennen - auch bleiben wollen.

    Das Problem ist ja, dass die Vergabe von Garten völlig intransparent ist. Das entscheiden allein die Vorstände, obwohl die Anlagen in aller Regel öffentliche Grünflächen sind und der Gemeinde gehören. Um das klar zu sagen: In vielen Vereinen läuft die Vergabe gut und ohne Diskriminierung. Aber der Spielraum, bewusst zu diskriminieren, ist sehr groß.

  • Gerade ein Kleingarten ist ein guter Ort Integration zu leben und zu erfahren. Man lernt, dass man gemeinsame Interessen hat, kann Pflanzen und Saatgut tauschen und auch anderweitig von einander lernen. So war es jedenfalls in der Kleingartenanlage in der wir lange ein paar Quadratmeter bearbeiten durften (da wurden noch wirklich Gemüse etc. angepflanzt). Das war wie eine kleine UNO-Vollversammlung und das war gut.

    • @JoWall:

      Ich fand Dein Bericht toll :) Danke Jowall

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Recherchiert doch auch mal, wie hoch aktuell der Anteil von Migrationshintergründigen bei den Freiwilligen Feuerwehren Baden-Württembergs ist.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Oder wieviel Linke bei der Bundeswehr sind.

       

      Kann es vielleicht sein, dass bestimmt Gruppen an bestimmte Sachen kein Interesse haben - so ganz ohne Rassismus.

  • Das fällt alles unter Privatautonomie. Jeder darf ausschliessen wen er will.

     

    Und das ist auch richtig so, problematisch wird es nur wenn der Staat involviert ist.

    • @Ansgar Reb:

      Da irrst Du Dich Gewaltig, die Administration hat schon sehr wohl mit der Stadt zu tun!