Homophobe Gewalt in den USA: Brandstiftungen, Steine, Schüsse
Eine Geschichte brutalen Hasses: Der terroristische Angriff auf Homosexuelle in Orlando ist der schwerste, aber nicht der erste seiner Art.
Die beiden vielleicht prominentesten Opfer homophober Gewalt waren San Franciscos Bürgermeister George Moscone und der erste offen Schwule Stadtrat Harvey Milk, die beide von Dan White, einem frustrierten Stadtrat in Moscones Büro erschossen wurden. Ein schwerer Übergriff auf die LGBTI-Community mit islamistischem Hintergrund wurde bis zum Blutbad von Orlando nicht vermutet oder nachgewiesen.
Die Nachrichtenagentur ap hat diese Übersicht über Ereignisse seit 1973 zusammengestellt:
– 31. Dezember 2013: Rund 750 Partygäste feiern in einem populären Schwulenclub in Seattle den Rutsch ins Neue Jahr, als Musab Masmari Benzin auf den mit Teppich ausgelegten Treppenaufgang kippt und diesen dann anzündet. Niemand wird verletzt. Masmari wird einen Monat später festgenommen, als er außer Landes fliehen will. Er entschuldigt sich vor Gericht und erklärt, er erinnere sich nicht an seine Aktion, weil er nach dem Konsum einer billigen Flasche Whisky bewusstlos geworden sei. Wegen Brandstiftung wird Masmari zu zehn Jahren Haft verurteilt.
– 1. März 2009: Drei Männer werfen Steine in eine Schwulenbar im texanischen Galveston und verletzen dabei zwei Besucher. Das Trio, die 20 und 18 Jahre alten Gebrüder Lewis und deren Cousin, wurde ein Hassverbrechen zur Last gelegt.
– 22. September 2000: Ronald Gay geht in Roanoke im Staat Virginia ins Backstreet Cafe, eine Schwulenbar, und eröffnet das Feuer. Ein Mensch kommt um. Sechs weitere werden verletzt, zwei von ihnen schwer. Vor Ermittlern sagt der Schütze später aus, er sei verärgert über die mit seinem Nachnamen einhergehende Assoziation gewesen. Er bekennt sich des Mordes an dem 43 Jahre alten Todesopfer schuldig und wird später zu viermal lebenslänglich verurteilt.
– 7. Oktober 1998: Der schwule Student Matthew Shepard wird vor der Kleinstadt Laramie im Staat Wyoming an einen Zaun gebunden und dann ins Koma geprügelt. Das Bewusstsein erlangt er nicht wieder, fünf Tage nach der Attacke stirbt er. Seine beiden Peiniger Aaron McKinney und Russell Henderson geben als ihr Tatmotiv Raub an. Sie hätten Geld für den Kauf von Drogen entwenden wollen, es sei kein Hassverbrechen gewesen. Das Schicksal Shepards entfacht eine Debatte über die Effektivität der US-Gesetze gegen Hassverbrechen. McKinney und Henderson verbüßen lebenslange Haftstrafen wegen Mordes.
– 21. Februar 1997: Ein mit Nägeln gefüllter Sprengsatz explodiert in einem Hinterzimmer der Otherside Lounge, einem Nachtclub in Atlanta mit überwiegend schwulen und lesbischen Gästen. Rund 150 Leute drängen sich in der Bar, als sich die Detonation ereignet. Fünf Menschen werden verletzt. Der Täter Eric Rudolph wird später wegen des Vorfalls und wegen Bombenanschlägen auf den für die Olympischen Spiele 1996 erbauten Centennial Olympic Park und Abtreibungskliniken in Vororten von Atlanta und Birmingham überführt.
Bei der Attacke auf die Olympischen Spiele 1996 kam damals ein Mensch ums Leben. 111 weitere wurden verletzt. Bei den Anschlägen in Birmingham wurde ein Polizist getötet und eine Krankenschwester verstümmelt. Rudolph verbüßt eine lebenslange Haftstrafe.
– 27. November 1978: San Franciscos Bürgermeister George Moscone und der für seinen Kampf für Homosexuellenrechte bekannte Stadtrat Harvey Milk werden im Rathaus von dem aufgebrachten Stadtrat Dan White erschossen. Zuvor war Milk als der erste offen schwule Amtsträger der USA in die Geschichte eingegangen, als er 1977 einen Sitz im Stadtrat der kalifornischen Metropole errang.
White argumentiert im Prozess, dass seine schlechte Ernährung bei ihm Depressionen begünstigt und so zu seiner Tat beigetragen habe. Dazu bemüht der Angeklagte mit Unterstützung eines Psychologen seine Vorliebe für Fast Food und Zuckerhaltiges. Die Strategie fruchtet: Statt wegen Mordes wird White wegen Totschlags verurteilt. Tausende gehen aus Protest gegen das Urteil auf die Straße. White sitzt eine Haftstrafe von etwas mehr als drei Jahren ab, ehe er Selbstmord begeht.
– 24. Juni 1973: Bei einem Brand in der Schwulenbar Upstairs Lounge im berühmten Französischen Viertel von New Orleans sterben 32 Menschen. Die meisten Opfer kommen wegen der an drei Vorderfenstern angebrachten Gitter nicht heraus. Ein Überlebender berichtet später, er glaube, dass jemand auf der Höhe des überfüllten zweiten Stocks eine flammbare Flüssigkeit auf den Holztreppenaufgang gegossen und dann Feuer gelegt habe. Der mutmaßliche Brandstifter wurde nie gefasst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!