Kommentar von Benno Schirrmeister über Notwehr: Behörde verhindert Recht
Wie erwartbar! Die Staatsanwaltschaft bringt den Putativnotwehrexzess, durch den ein Bremer SEK-Polizeibeamter als Streifendienst-Hospitant eine 17-Jährige invalid geschossen hat, nicht vor Gericht. Sie stellt lieber das Verfahren ein. Und das ist sehr rücksichtsvoll: Mit der juristisch kniffligen Frage, ob der Beamte auch beim zweiten, dritten, vierten und fünften Schuss durch die geschlossene Tür noch annehmen durfte, bedroht zu sein, obwohl sich bereits nach dem ersten nichts mehr rührte, will die Ermittlungsbehörde Bremer RichterInnen nicht belasten.
Bemerkenswert ist indes ihre Inkonsequenz. Denn vor knapp einem Jahr hatte die Staatsanwaltschaft schon mal ein Verfahren gegen einen Polizisten eingestellt: Dessen Waffengebrauch sei, weil er die spezielle Abrichtung eines Beamten des Spezialeinsatzkommandos (SEK) erfahren habe, mehr reflexhaft als willensgesteuert, hatte sie sich damals vom rechtsmedizinischen Gutachter den Fall erledigen lassen.
Würde die Staatsanwaltschaft an die Expertise glauben, mit deren Hilfe sie damals das Verfahren niedergeschlagen hat, müsste sie im aktuellen Fall hier einhaken. Denn derart unberechenbare Typen bewaffnet beim Streifendienst mitlaufen zu lassen, wäre ja verantwortungslos. Aber das ist Bremens Staatsanwaltschaft egal: Ihr kommt’s nur darauf an, dass kein Recht gesprochen wird.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen