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Anklagebank leert sich

Justiz Vier Jahre nach einer „Schlägerei mit Todesfolge“ steht nur eine Streitpartei vor Gericht

In einem Prozess wegen schweren Landfriedensbruchs und Beteiligung an einer Schlägerei mit Todesfolge hat die 9. Jugendkammer des Landgerichts am Donnerstag die Verhandlung gegen zwei weitere Angeklagte eingestellt. Sechs der ursprünglich zwölf angeklagten jungen Männer waren bereits am zweiten Prozesstag gegen Geldbußen aus dem Verfahren entlassen worden. Schon am ersten Tag hatte Richter Reimar Schweckendieck signalisiert, dass er den Tatbestand des Landfriedensbruchs nicht erfüllt sehe und keine Haftstrafen verhängen wolle.

Anlass des Verfahrens ist eine im März 2012 auf einem Fußballplatz entstandene Schlägerei zwischen deutschstämmigen Männern und überwiegend jugendlichen Migranten, in deren weiterem Verlauf der 18-jährige Jusef El-A. in der Neuköllner Highdeck-Siedlung erstochen worden war. Der damalige Messerstecher Sven N. kam kurz nach der Tat frei, weil die Ermittler Notwehr als erwiesen erachteten. Angeklagt sind vier Jahre nach dem Geschehen nun die Freunde des Getöteten.

Die vier verbliebenen Angeklagten hält das Gericht für direkt an der Eskalation Beteiligte. Ihre genaue Rolle soll am Montag die Befragung von Zeugen klären, darunter Polizeibeamte und Mitglieder der anderen Streitseite. Dass auch diese zuschlug und bewaffnet war, steht auch für das Gericht außer Frage. Warum sie nicht mit­angeklagt sind, ist das Geheimnis der Staatsanwaltschaft. AKW

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