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Langfinger im „Netzwerk Selbsthilfe“

Jahrzehntelang förderte der bekannte Verein alternative Projekte. Nun steckt er in der Krise. Ein Mitarbeiter, selbst in der linken Bewegung aktiv, veruntreute Vermögen. Er muss deshalb mit einer Haftstrafe bis zu fünf Jahren rechnen

Dem langjährigen Vorstandsmitglied vom „Netzwerk Selbsthilfe e.V.“, Peter F., wird vorgeworfen, circa 136.000 Euro des gemeinnützigen Vereins veruntreut zu haben. Das Landeskriminalamt ermittelt. Damit wird eines der hiesigen Paradeprojekte der linken Bewegung wohl von einem seiner eigenen Kinder gefressen.

Peter F., der sich nach Aussage seiner Rechtsanwältin selbst angezeigt hat und nun mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren Haft rechnen muss, kommt aus dem linken Westberliner Milieu. Er war Mitglied der Alternativen Liste (AL), dem Vorläufer der Grünen. Von 1981 bis 1983 saß der heute 63-Jährige für die AL im Abgeordnetenhaus. Er gilt als Experte für Migrationspolitik und hat die Antirassistische Initiative mitgegründet. Vor der Wende arbeitete er als Mitarbeiter der beiden Berliner Bundestagsabgeordneten der Grünen.

Aus der Parteipolitik habe sich der gelernte Bankgehilfe und Student der Politologie, der auf Anraten seiner Rechtsanwältin im laufenden Ermittlungsverfahren nicht mehr mit der Presse spricht, 1989 aber zurückgezogen. Dass die AL mit der SPD damals eine Regierungskoalition in Berlin bildete, missfiel Peter F. Beruflich sei er danach nicht mehr richtig auf die Beine gekommen und seinem finanziellen Absturz habe er, einem früheren Zeitungsbericht zufolge, nichts mehr entgegensetzen können.

Zum Netzwerk Selbsthilfe kam Peter F. 1998 mit einer vom Arbeitsamt geförderten Stelle. Nachdem diese auslief, kümmerte er sich ehrenamtlich weiter um die Finanzen der Organisation. In all den Jahren fingierte er immer wieder Darlehen, wie Ernesto Mapache, Vorstand des Vereins, erklärt.

Das Netzwerk Selbsthilfe wurde 1978 gegründet. Sein Ziel: Leute, die damals vom Berufsverbot betroffen waren, weil sie kommunistischen Parteien angehört hatten, sollten durch eine solidarische Umlage finanziell unter die Arme gegriffen werden. Zu den anfänglichen Unterstützern, die durch ihre monatlichen Beiträge die Grundlage des Netzwerkes schufen, gehörten Leute wie Pfarrer Albertz, Rudi Dutschke, Otto Schily, Günter Wallraff und Hans-Magnus Enzensberger. In seinen besten Zeiten zählte der Verein mehr als 4.000 Mitglieder. Bis zu einer halben Million Mark konnten damals im Jahr verteilt werden.

Als die Berufsverbote aufgehoben wurden, wandelte sich das Netzwerk in einen Förderverein, der bis heute politische Projekte in Berlin finanziell bezuschusst oder ihnen Darlehen gibt.

Seit 15 Jahren allerdings schrumpft die Spendenbereitschaft. Heute gibt es noch circa 600 Mitglieder. Die zu vergebende Fördersumme beläuft sich auf 30.000 Euro. Allerdings unterhält das Netzwerk noch ein Büro, um Projekte bei ihrer Finanzierung zu beraten.

Der laufende Betrieb des Vereins war finanziell unter Kontrolle, wie Ernesto Mapache erklärt. Peter F. hat jedoch das Vermögen des Netzwerks veruntreut. Erst als ein Kassenprüfer in diesem Frühjahr die Darlehen, die der Verein vergeben hatte, bewertet haben wollte, um herauszufinden, welche abgeschrieben werden müssen, flog Peter F. auf. Jetzt steht das Netzwerk ohne Rücklagen da, aber mit einem Problem. Mapache befürchtet, „dass nun Mitglieder des Vereins wegbrechen und am Ende für die Projekte nichts mehr bleibt.“ WALTRAUD SCHWAB

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