kommentar von Sven-Michael Veitzum Elbtunnel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Maximales Handeln wider die Natur
Verschlechterungsverbot ist ein schöner Begriff. Jetzt nicht so im ästhetisch-wortmalerischen Sinn, aber inhaltlich allemal. Er sorgt dafür, dass mancherlei besser wird in Europa, vor allem die Natur, im Speziellen die Gewässer. Und im konkreten Fall die beiden größten Flüsse im Norden, Elbe und Weser. Hüter dieses Verbotes ist das Bundesverwaltungsgericht, das am Donnerstag zum dritten Mal in kurzer Zeit ein klares Stoppsignal an uneinsichtige Planungsbehörden sandte, die noch immer das technokratisch erwünschte Maximum zum Maßstab ihres Handelns wider die Natur machen.
Ob der Elbtunnel als Teil der Autobahn A20 jemals gebaut wird, darf nach dem Leipziger Urteil füglich bezweifelt werden. Die juristischen und inhaltlichen Hürden, welche nun errichtet wurden, sind hoch. Wie hoch genau, wird sich an drei Urteilen über große Infrastrukturvorhaben im Norden zeigen: Weservertiefung, Elbvertiefung, Elbtunnel.
Die Fahrrinnen zu den Häfen Bremerhaven und Hamburg dürfen nur nach der Maßgabe der europäischen Wasserrechtsrahmenrichtlinie ausgebaggert werden – noch so ein Unwort, das inhaltlich indes hoch zu schätzen ist. Danach darf kein Gewässer durch ein Bauvorhaben ökologisch verschlechtert werden. Was das exakt für die Baggerpläne zu bedeuten hat, wird das Bundesgericht in absehbarer Zeit entscheiden, mit Folgewirkung für die Causa Elbtunnel.
Und in allen drei Fällen wäre es nicht verwunderlich, kämen die Richter zu dem Schluss, dass nicht angeblich fortschrittsfeindliche Umweltverbände ihnen gar nicht zustehende Rechte missbrauchen, sondern scheuklappenbewehrte Planer sich nicht an den Geist und die Buchstaben von Gesetzen halten. Insofern dürfte die Planungssicherheit, von Politikern und Wirtschaftsverbänden so vehement eingefordert, bald Realität werden: Dann werden alle wissen, was sie besser gar nicht erst versuchen sollten.
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