: Anruf beim Hausarzt
DATENSCHUTZ Muss eine Krankenkasse Pflegegeld zahlen, möchte sie vorab oft private Informationen sammeln. Nicht immer ist das zulässig.
Alles beginnt mit einem lapidaren Satz in einem Formular einer Krankenkasse. „Leistungen der Pflegeversicherung“ steht darüber, und irgendwo unten, auf der zweiten Seite dann: „Ich bin damit einverstanden, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung“ oder eine unabhängige GutachterIn „Informationen über meinen Gesundheitszustand von meinem behandelnden Arzt erhält“ und „eine Begutachtung in meinem Wohnbereich durchführt“. Bitte ankreuzen und unterschreiben.
Marcus Funke war damit gar nicht einverstanden. Und zwar zu Recht, wie Datenschützer sagen. Herr Funke kämpft dafür, dass seine über 80-jährige, schwerkranke Mutter als „erheblich pflegebedürftig“ anerkannt wird – weil „täglich durchschnittlich mindestens 90 Minuten lang Hilfe geleistet werden muss“, wie der Gesetzgeber sagt. Das entspricht Pflegestufe I und einem Anspruch auf 244 Euro Pflegegeld beziehungsweise 468 Euro als Sachleistung.
Einem Hausbesuch bei seiner Mutter hat Funke widersprochen – und die Krankenkasse, so Funke, reagierte mit der „unverhohlenen Drohung“, den Antrag auf Pflegegeld abzulehnen. Unterdessen hatte der Medizinische Dienst der Krankenkasse und eine von ihr beauftragte Gutachterin schon mit dem Hausarzt von Frau Funke telefoniert.
„Das halten wir für problematisch“, sagt Bremens Landesdatenschutzbehörde: Es sei zu befürchten, dass bei so einem Telefonat Daten „ohne gründliche Prüfung vorschnell preisgegeben werden“. Zulässig, so die Bremer Behörde, sei so eine Übermittlung von Patientendaten nur, wenn klar ist, welchem Zweck sie genau dienen. Und wenn klar ist, was passiert, wenn der Patient sie nicht preisgeben will. Und wenn dann auch noch klargestellt ist, dass so eine Entbindung von der Schweigepflicht eine „freie Entscheidung“ ist. Alle diese Hinweise fehlten in dem Formular von Frau Funke. Es zu benutzen, war also rechtlich unzulässig.
Marcus Funke hat denn auch gleich das Bundesversicherungsamt eingeschaltet und den Bundesdatenschutzbeauftragten. Es bestehe in Fragen der Pflegeversicherung „kein genereller Auskunftsanspruch“ des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse, stellte der Bundesdatenschützer daraufhin klar. Und gab Funke Recht. Die lapidare Forderung der Krankenkasse nach umfänglicher Information war datenschutzrechtlich unzulässig.
„Hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Argumentation“ habe man eine „Überprüfung veranlasst“, schrieb daraufhin die Krankenkasse. Mittlerweile, so das Bundesversicherungsamt, hat sie ihr Formular angepasst.
Frau Funke gilt inzwischen als „erheblich pflegebedürftig“. Die Kasse habe sich beizeiten gerettet, sagt Marcus Funke: in „joviale Grotzkotzigkeit“: Jan Zier
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