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Pressefreiheit in der TürkeiDas Medienimperium der AKP

Private Bau- und Energiefirmen haben in der Türkei großen Einfluss. Erdoğan begünstigt und bestraft die Bosse, wie es ihm passt.

Die Gezi-Proteste entzündeten sich am geplanten Umbau des Taksimplatzes in eine Fußgängerzone Foto: imago / schree

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Als die AKP 2002 an die Macht kam, sah die türkische Medienlandschaft anders aus als heute. Unabhängig waren die größten Medienhäuser der Branche schon damals nicht. Sie gehörten vier Privatunternehmen, die ihr Geld unter anderem im Energie- und Bausektor verdienten: Doğan, Çukurova, Uzan und Doğuş. In den vierzehn Jahren ihrer Macht baute die AKP daraus ein eigenes Medienimperium auf.

Die erste Übernahme geschah 2004. Der Geschäftsmann Cem Uzan, dessen Name häufig im Zusammenhang mit Korruptionsvorwürfen genannt wurde, war 2002 mit seiner eigenen Partei als Konkurrent gegen Erdoğan angetreten.

Die Rivalität kam Uzan später teuer zu stehen. Auf der Basis neuer Bankgesetze wurden seine Unternehmen Uzan vom Staat beschlagnahmt. Dazu gehörten auch Star TV, der erste Privatsender der Türkei, und die Zeitung Star. Ein Jahr später wurde Star TV an die Doğan-Gruppe weiterverkauft, dessen Inhaber damals in Erdoğans Gunst stand.

Weitere vier Jahre später war dann auch die Doğan-Gruppe von Repressionen betroffen. Seit 2008 führten kritische Veröffentlichungen in zugehörigen Medien zu Problemen mit der Regierungspartei. Schließlich wurde der Doğan-Gruppe eine Steuerstrafe von damals umgerechnet 387 Millionen Euro auferlegt. Die Holding war gezwungen, zwei auflagenstarke Zeitungen, Milliyet und Vatan, zu verkaufen.

Aufsichtsbehörden

Ist der Staat nicht einverstanden mit der Berichterstattung, schützt er finanzielle Motive vor und greift unter Zuhilfenahme von Aufsichtsbehörden in die Unternehmen ein. Anschließend werde die Firmen bei Ausschreibungen an AKP-nahe Geschäftsleute verkauft. 2007 wurde die Merkez Mediengruppe, die die beiden großen Medienhäuser Sabah und ATV besaß, konfisziert.

taz.die günlük gazete

Dünya basın özgürlüğü günü 3 Mayıs 2016'da taz 16 Türkçe-Almanca özel sayfa ile yayınlandı. Türkiye'de çalışan gazetecilerle birlikte hazırlandı. Cünkü basın özgürlüğü hepimizi ilgilendirir.

die günlük gazete'de yayınlanan Türkçe yazılara buradan ulaşabilirsiniz.

Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit erschien die taz am 3. Mai 2016 mit 16 türkisch-deutschen Sonderseiten zum Thema „Pressefreiheit in der Türkei“ – erstellt von türkischen JournalistInnen zusammen mit der taz-Redaktion. Weil Pressefreiheit uns alle angeht.

„taz.die günlük gazete“ – learn more about our project (in German)

Anschließend wurde sie an die Çalık-Gruppe verkauft, ein Konzern, dessen damaliger Geschäftsführer, Berat Albayrak, Erdoğans Schwiegersohn war und heute Energieminister ist. 2013 schließlich wurde die Mediengruppe an die für ihre Bauvorhaben bekannte Kalyon-Gruppe weiterverkauft.

Kalyon gewann die Ausschreibung für das Projekt zur Umwandlung des Taksim-Platzes in eine Fußgängerzone; das Projekt, gegen das sich die Gezi-Proteste richteten. Auch am Bau des dritten Istanbuler Flughafens ist Kalyon beteiligt.

Ethem Sancak, ein weiterer Unternehmer, ist erklärter Erdoğan-Fan. In den vergangenen drei Jahren gelangte er in den Besitz von drei Zeitungen und drei Fernsehsendern. Von den vier großen Medienholdings aus den Anfangsjahren der AKP sind heute nur noch die Doğan- und die Doğuş-Gruppe übrig. Sie haben sich dem Druck der Regierung gebeugt.

Terrororganisation

Beide stellten AKP-nahe Journalisten und Autoren ein. Kritische Nachrichten gibt es so gut wie gar nicht mehr.

Auch die Medienunternehmen aus dem Lager des islamisch-konservativen Predigers Fethullah Gülen expandierten zunächst aufgrund ihrer guten Beziehungen zur Regierung. Als die Gülen-Gemeinde 2013 einen Machtkampf mit der Regierung riskierte, war es damit vorbei.

Diesmal kam allerdings eine andere Strategie zur Anwendung: Die Gülen-Gemeinde wurde zur Terrororganisation erklärt. Medienorgane aus dem Gülen-Lager wurden unter dem Vorwand, den Terror zu unterstützen, konfisziert.

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