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Empörung über Anti-Islam-Kurs der AfD„Sie missbrauchen den Islam“

Die AfD will den Islam als verfassungswidrig einstufen. Daraufhin zieht der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland Parallelen zur NSDAP.

Die AfD schwimme auf einer Welle der Islamfeindlichkeit, sagte Aiman Mazyek Foto: dpa

Berlin epd | Die Anti-Islam-Forderungen der AfD sind bei den im Bundestag vertretenen Parteien auf entschiedene Ablehnung gestoßen. Religionspolitiker von Union und SPD bezeichneten den Kurs der AfD, die den Islam als unvereinbar mit der Verfassung darstellen will, selbst als nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. Linke und Grüne äußerten sich ebenfalls empört. Die Bundesregierung verwies am Montag auf die im Grundgesetz geschützte Religionsfreiheit. „Das gilt“, sagte Sprecher Steffen Seibert. Der Zentralrat der Muslime zog angesichts des Anti-Islam-Kurses der AfD sogar Parallelen zum Nationalsozialismus.

Die rechtskonservative AfD will nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in ihrem ersten Parteiprogramm den Islam als unvereinbar mit der Verfassung darstellen. Die Partei will konkret unter anderem ein Verbot von Minaretten, Muezzins und Vollverschleierungen im Bundesparteiprogramm fordern. Das Programm soll am übernächsten Wochenende beim Parteitag in Stuttgart diskutiert werden.

Mit der AfD gebe „es zum ersten Mal seit Hitler-Deutschland eine Partei, die erneut eine ganze Religionsgemeinschaft diskreditiert und sie existenziell bedroht“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, dem NDR. Die AfD schwimme auf einer Welle der Islamfeindlichkeit. Sie missbrauchen den Islam, um die freiheitlich-demokratische Grundordnung abzuschaffen. „Nicht der Islam ist nicht grundgesetzkonform, sondern die AfD ist nicht grundgesetzkonform“, sagte Mazyek.

Auch aus den anderen Parteien wurden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der AfD-Forderungen laut. Der kirchenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Franz Josef Jung (CDU), sprach in der Tageszeitung Die Welt von einem „extremistischen Denken, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist“. Die SPD-Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kerstin Griese, sagte, die AfD schüre „haltlose Vorurteile“. Einschränkungen islamischer Religionsausübung, etwa durch ein Minarett-Verbot, seien grundgesetzwidrig.

Ein pauschales Feindbild

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, warf der AfD vor, „den Islam als pauschales Feindbild zu konstruieren, um so auf Wählerfang zu gehen“. Auch er beurteilte die Vorschläge als nicht vereinbar mit dem Grundgesetz. „Sie offenbaren, wer ein grundsätzliches Problem mit den Werten unserer Gesellschaft hat: Es ist die AfD“, sagte er. Die religionspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christine Buchholz, sagte, das Problem in Deutschland seien nicht Minarette, Schleier oder Muezzin-Rufe, „sondern der Rassismus gegen eine religiöse Minderheit“. FDP-Generalsekretärin Nicola Beer nannte die Thesen „geistige Brandstiftung“.

Selbst vom früheren AfD-Vorsitzenden Bernd Lucke kam Kritik an den Anti-Islam-Thesen. „Mit populistischen Forderungen wie Minarettverboten oder islamischen Gottesdiensten nur in deutscher Sprache fördern wir nur die Radikalisierung von Muslimen“, sagte er der Berliner Zeitung. „Sie würden sich als Bürger zweiter Klasse vorkommen“, sagte Lucke, der heute Vorsitzender der Partei Alfa ist.

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10 Kommentare

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  • Die AfD bekennt sich zu den Christlichen Wurzeln...

     

    Dabei schließt die Nächstenliebe Muslime nicht aus!

     

    Entweder sollten Politiker der AfD an einen Bibelkurs teilnehmen, oder es sollen alle Wähler der AfD in diesem Zusammenhang in der Bibel nachlesen, wer der Vater der Lüge ist.

  • Natürlich ist es falsch "den Islam" pauschal als schlecht zu verurteilen - in diesem Sinne geb ich Recht.

     

    Die ganze Sache wäre allerdings weitaus glaubwürdiger wenn man zumindest zugeben würde, dass auch bei Muslimen "geistige Brandstifter" sind, die teilweise in unseren Moscheen rumhüpfen.

     

    Die wahabistische wörtliche Auslegung des Islams hat meiner Meinung nach nichts in diesem Land zu suchen.

     

    Wenn sich aber der Zentralrat im muslimischen Opferritus und sich mit denen solidarisiert und nicht distanziert müssen sie eben mit den Pauschalurteilen leben.

  • So wenig ich Mazyek und Lucke mag, aber da liegen sie beide mal ziemlich richtig.

    • @Ruhig Blut:

      Geifer am Mund ist nie gut.

       

      Warum diese beiden wohl immer die Splitter im Auge der AfD sehen ...

  • Bei dieser Islamdiskussion wird es einen Gewinner geben: die AfD.

    Dennoch ist es längst überfällig,den Islam und seine Erscheinungsformen in Deutschland offen und vorurteilsfrei zu diskutieren. Die "Nazikeule" sollte dabei im Schrank bleiben, sie hat sich sowieso abgenutzt. Auch die erwarteten Empörungsbekundungen dienen nur der AfD.

    Und Vorsicht mit Begriffen wie geistige Brandstifter o.ä. Erinnert mich doch sehr an das III.Reich.

    • @Hans-Georg Breuer:

      "Erinnert mich doch sehr an das III.Reich."

       

      Sollte die Nazikeule nicht "im Schrank bleiben"?

  • Letztendlich muss sich jeder die Frage stellen, was Religion darf und was nicht.

     

    Wer einschreitet, wenn die christliche Sekte "Zwölf Stämme" Kinder prügelt, kann die Beschneidung, also die rituelle Verstümmelung von Kindern, nicht akzeptieren.

    Egal ob bei Mädchen oder Jungen.

     

    Wer Tierschutz ernst nimmt, kann bei Schächtung, also dem Anschneiden und Ausbluten eines Tiers, nicht wegsehen.

    Auch dann nicht, wenn die Handlung religiös begründet wird.

     

    Wenn alle anderen Parteien solche Handlungen akzeptieren und verteiden, nur die AfD nicht, treibt das der AfD nur Wähler zu.

    • @Stechfliege:

      Im Islam darf man vor der Schächtung betäuben. Man kann also konform mit den deutschen Tierschutzgesetzen Fleisch herstellen, das halal ist.

      Auch bei der "westlichen" Schlachtung wird das Tier nur betäubt (Bolzenschuss) und dann durch Öffnen der Halsschlagadern durch ausbluten getötet.

      Wenn man das ganze also mal ganz neutral objektiv betrachtet unterscheidet sich die halal-Schlachtung nur dadurch von "unserer" Schlachtung, dass man die Adern aufschneidet, statt aufsticht.

  • 6G
    65572 (Profil gelöscht)

    1. Nicht schlecht die PR-Maschine der AfD.

    2. Die AfD kann doch den Islam gar nicht als verfassungswidrig einstufen.

    3. Ein Parteiprogramm ist Sache der jeweiligen Partei.

    4. Widerspricht ein Parteiprogramm dem Grundgesetz, sollte sich das Verfassungsgericht gegebenenfalls damit auseinandersetzen.

    • @65572 (Profil gelöscht):

      Volle Zustimmung.