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Abhörzentrum steht doch zur Debatte

Lauschen Der Staatsvertrag über ein Abhörzentrum der fünf norddeutschen Landespolizeien muss nun doch in den Parlamenten diskutiert werden – denn es bestehen datenschutzrechtliche Bedenken

Das Abhörzentrum sollte eigentlich ohne Debatte durchgewunken werden: Doch auf Antrag der Piratenpartei muss sich der schleswig-holsteinische Landtag heute doch mit dem Telekommunikations-Überwachungszentrum (TKÜZ) der Länderpolizeien von Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern befassen.

Auch die Bremische und Hamburgische Bürgerschaft werden auf Antrag der Linken über den geplanten Staatsvertrag über das TKÜZ sprechen. „Das geht nicht ohne Debatte“, sagte etwa die Bremer Fraktionsvorsitzende der Linken, Doris Achelwilm.

Ab 2020 sollen in dem Abhörzentrum in Hannover zentral für die Landespolizeien in Norddeutschland Mails und Telefonate abgehört, geortet und gefiltert werden. Das ist datenschutzrechtlich ein brisantes Gebilde. Denn einerseits wird das Abhören zentral erfolgen, anderseits gilt es zu verhindern, dass eine Landespolizei auf die Daten einer anderen Polizeibehörde zurückgreifen kann.

„Schon die von Niedersachsen und Bremen gemeinsam betriebene Telekommunikationsüberwachungsanlage weist laut der niedersächsischen Datenschutzbeauftragten 44 Mängel auf“, sagte der Kieler Pirat Patrick Breyer. Die Datenschutzbeauftragten der Länder zögen sich aber darauf zurück, dass eine Bewertung des TKÜZ „erst nach dessen Fertigstellung beziehungsweise Umsetzung erfolgen kann“, sagte Breyer. Auch Hannovers Datenschutzbeauftragte Barbara Thiel beklagt, dass es von den Projektentwicklern versäumt worden sei, eine „Risikoanalyse“ zu erstellen, um eine absolute „Mandanten-Trennung“ zu gewährleisten.

Ein weiteres Problem, das debattiert werden muss, ist die rechtliche Basis des Abhörzentrums: Die Strafverfolgung richtet sich nach der Strafprozessordnung und die Gefahrenabwehr nach den jeweiligen Landespolizeigesetzen, die sind aber unterschiedlich. KVA

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