Heike Holdinghausen über kostenpflichtige Plastiktüten: Wenn weniger mehr ist
Ab sofort bekommen die Verbraucher in vielen Läden keine kostenlosen Tüten mehr; dafür bekommt Umweltministerin Hendricks was auf den Deckel. Die Händler dürfen nämlich vorerst selbst entscheiden, ob und wie viel sie für ihre mülligen Werbeträger verlangen. Die unter hohem Energieaufwand hergestellten Einwegtragebeutel sind unter den Aspekten Ressourcen-, Umwelt- und Klimaschutz blödsinnig, unter anderem, weil sie bis zu 600 Jahre brauchen, um zu verrotten. Jede nicht verwendete Tüte ist also eine gute Tüte. Der ganz große Aufreger sind sie aber in einem Land mit einem einigermaßen guten Abfallsystem auch nicht.
Vielmehr sind die Durchsagen und Hinweisschilder in Warenhäusern und Klamottenläden, die auf die neuen ökologischen, ressourcebewussten Nachtütenzeiten hinweisen, ein guter Anlass zum Innehalten. Das größere Ressourcenproblem als die Tüten sind nämlich die Waren darin. Es ist nicht polemisch, die allermeisten Produkte aus den Fußgängerzonen oder Shoppingcentern – ob Lebensmittel, Spielzeug, Kleidung oder sonst was – argumentativ in einen Beutel zu stecken.
Der Treibstoff der Konsumgesellschaft ist in der Regel in ärmeren Ländern unter miesen Arbeitsbedingungen produziert, mit zum Teil giftigen Farben, Beizmitteln oder Weichmachern. Beispiel Kleidung: Die meisten Hosen und Hemden kommen in recht gutem Zustand in den Industrieländern an, die giftigen oder umweltschädlichen Waschmittel, Farben oder etwa für die Spinnerei wichtigen Wachse werden ausgewaschen und bleiben als riesiges Ökoproblem in den Herstellungsländern. Ob die Ressourcenkatastrophe Jeanshose nach dem Verkauf dann noch in einen Plastikbeutel gesteckt wird, ist das kleinste Problem.
Fazit: Begleitet von einer dauerhaften Stofftasche auch mehr Dauerhaftes kaufen, mehr ökologisch und sozial Produziertes. Oder einfach auch mal nichts kaufen.
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