heute in hamburg: „Erst mal nichts machen“
RAUS Die Stadt hat dem Kollektiven Zentrum Koze gekündigt – zu gestern. Was passiert nun?
31, ist Nutzerin und Aktivistin des Koze. Sie engagiert sich seit sechs Monaten im Münzviertel.
taz: Anja, seit heute zahlt das Koze keine Miete mehr. Sind Sie jetzt offiziell BesetzerInnen?
Anja:Nein. Das ist wie bei einem ganz normalen Mietvertrag: Wenn man eine Kündigung bekommt, aber nicht rausgeht, kann der Vermieter einen ja auch nicht am nächsten Tag mit der Polizei raus hauen. Sondern ein Richter muss erst Mal die Rechtmäßigkeit der Kündigung feststellen.
Das heißt, Sie wollen in einen Rechtsstreit mit der Finanzbehörde gehen?
Ja, das haben wir vor. Solange kein Räumungstitel festgestellt wird, betrachten wir die Kündigung nicht als gültig. Zumal der Grund für die Kündigung sich als falsch herausgestellt hat.
Eine nicht beglichene Stromrechnung über 30.000 Euro ...
... die ja nicht uns galt, wie Vattenfall hinterher zugegeben hat.
Aber der eigentliche Kündigungsgrund war laut Behörde der Rechtsstreit, der sich länger hinziehen könnte – weshalb die Stadt sozusagen vorsorglich gekündigt hat.
Ja. Auf dem Gelände soll gebaut werden, aber eben erst 2017. Wir sehen nicht ein, warum das Haus solange leer stehen sollte.
Umzugskartons haben Sie also nicht gepackt?
Nein, das haben wir auch nicht vor. Wir haben beschlossen, erst mal nichts zu machen und ganz normal unseren Tätigkeiten nachzugehen.
Was gibt es denn heute Abend im Koze?
Freitagabends ist immer Vokü, also es gibt Essen. Anschließend Soli-Kneipe für Repressionskosten: Nach den Polizeiaktionen gegen uns im vergangenen Sommer gab es mehrere Strafverfahren, wodurch Menschen unberechtigterweise von Kosten betroffen sind.
Gibt es einen Plan für den langfristigen Erhalt des Koze?
Das mit der Langfristigkeit ist so ’ne Frage, weil das Projekt von Anfang an auf Zeit ausgelegt war. Aber solange das Gebäude noch steht, möchten wir drin bleiben. Mal sehen, was da noch für Gespräche mit der Stadt möglich sind.
Was wünschen Sie sich von der Stadt?
Dass sie uns machen lässt, statt uns Steine in den Weg zu legen. Wir übernehmen viele Aufgaben, die eigentlich die Stadt machen sollte: Wir bieten kostenlose Freizeitangebote und machen eigentlich soziale Arbeit. Da wünschen wir uns zumindest, in Ruhe gelassen zu werden, wenn nicht sogar Unterstützung. Interview:KSCH
Vokü und Soli-Kneipe: 19.30 Uhr, Kollektives Zentrum, Norderstraße 65
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