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Vorwärts und bloß vergessen!

Verlierer Die Linkspartei musste den Protestparteiwimpel an die AfD abgeben und sucht nach neuen Wegen, die Unzufriedenen zu erreichen und vor allem die Jungen an sich zu binden. Klar ist: Es gibt kein Wanken in der Flüchtlingsfrage. Oder doch?

Zerplatzt ist der Traum, den nächsten linken Ministerpräsidenten zu stellen

BERLIN taz | Am Tag danach ist die Stimmung bei der Linkspartei so trüb wie am Wahlabend zuvor. „Das Ergebnis ist nicht nur bitter, es ist katastrophal“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Fraktion im Bundestag Jan Korte am Montag. Sein Wahlkreis liegt in Sachsen-Anhalt. Hier erreichte die Linke mit rund 16 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1994.

Zerplatzt der Traum, mit Unterstützung von Grünen und SPD den nächsten linken Ministerpräsidenten zu stellen. „Rot-Rot-Grün war eine Phantomdebatte für die Menschen“, fasst der Linkenchef im Bundestag Dietmar Bartsch zusammen. In Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erreichte die Linke wieder nicht die notwendigen 5 Prozent für den Einzug in die Landtage. Alle Wahlziele verfehlt. Und nun?

Die Ratlosigkeit im Berliner Karl-Liebknecht-Haus, wo sich Parteivorstand und Spitzenkandidaten am Montag zur Nachlese versammeln, ist greifbar. Was ist falsch gelaufen? Es lag weder an den Spitzenkandidaten noch an den eigenen Themen, so der Konsens. Sondern an äußeren Faktoren. „Die Wahlen fanden in einem Klima des Rechtsrucks und der Entsolidarisierung statt. Dieses gesellschaftliche Klima war für uns denkbar ungünstig“, meint die Vorsitzende der Linken Katja Kipping. Der Kovorsitzende Bernd Riexinger sieht es ähnlich: „Die AfD konnte besonders in Sachsen-Anhalt von der vorhandenen Fremdenfeindlichkeit profitieren. Wir konnten generell den Protest gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung nicht in soziale Proteste umwandeln.“

Die große Gewinnerin der Wahlen ist die Alternative für Deutschland, AfD. In Sachsen-Anhalt holten die Politikneulinge im ersten Anlauf fast ein Viertel der Wählerstimmen und sind nun zweitstärkste Partei. Die Linke muss nicht nur damit klarkommen, in Magdeburg die Rolle als Oppositionsführerin abzugeben, sie muss auch den Wimpel der Protestpartei gegen die etablierte Politik an die neue Partei rechts außen weiterreichen. Insgesamt stimmten über 60.000 WählerInnen, die vor fünf Jahren die Linke gewählt hatten, diesmal für die AfD. Besonders hoch war der Anteil der Wechselwähler in Sachsen-Anhalt.

Wie und ob man die Abtrünnigen zurückholen kann, wird die Linke jetzt diskutieren. „Es gibt keinen Masterplan“, meint der sachsen-anhaltische Spitzen­kandidat Wulf Gallert. Fest steht: Die klare Haltung in der Flüchtlingsfrage soll nicht aufgeweicht werden. „Debatten über Obergrenzen werden in der Partei keine Schule machen“, sagt Kipping. Das kann man durchaus als Kampfansage an die Fraktionsvorsitzende im Bundestag Sahra Wagenknecht verstehen. Die wird nicht müde, in diversen Interviews den Begriff „Kapazitätsgrenze“ einzustreuen, zuletzt am Wochenende gegenüber dem Berliner Kurier.

Während Kipping ein gesellschaftliches Bündnis aller demokratischen Parteien fordert, was eher einem Kurs in die Mitte der Gesellschaft entspräche, spricht Riexinger davon, dass man die Linke stärker in den Milieus der Armen und sozial Benachteiligten verankern müsse. „Wir müssen deutlich stärker in sozialen Brennpunkten aktiv werden und denen eine Stimme geben, die sozial abgehängt sind.“ Außerdem setzt er darauf, die jungen Leute, die die Partei als Wähler gerade in den Städten mobilisieren konnte, dauerhaft für die Partei zu gewinnen. Das meint auch Korte: „Wir müssen uns massiv darauf konzentrieren, junge Leute anzusprechen. Eine klare Haltung gegen rechts ist dabei entscheidend.“

Unter den 18- bis 24-Jährigen stimmten in Baden-Württemberg 6 Prozent für die Linke. Riexinger findet: „Das Bild ist nicht nur grau.“ Anna Lehmann

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