piwik no script img

Bundeshaushalt 2017Noch hält die Null

Trotz steigender Flüchtlings- und Sozialausgaben will Finanzminister Schäuble keine Neuverschuldung bis 2020. Mehrausgaben plant er dennoch ein.

Darf’s ein bisschen mehr sein? Klar. Aber nur dank guter Einnahmen und niedriger Zinsen Foto: dpa

Berlin taz | Für Flüchtlinge wird die Bundesregierung im nächsten Jahr rund 10 Milliarden Euro ihres insgesamt 325,5 Milliarden umfassenden Haushalts ausgeben. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte die Eckpunkte seines Plans, bei dem er wieder ohne neue Schulden auskommen will, am Mittwoch in Berlin vor. Trotzdem hat die SPD auch einige Verbesserungen für bedürftige Bundesbürger durchgesetzt.

Für 2017 stehen deshalb 180 Millionen Euro in den Etat-Eckpunkten, mit denen die Regierung niedrige Renten aufstocken will. Rentner, die lange gearbeitet haben, jedoch nur Grundsicherung auf Hartz-IV-Niveau erhalten, sollen einen Zuschuss bekommen. 800 Millionen Euro zusätzlich sind für den sozialen Wohnungsbau eingeplant.

Der Etat von Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) steigt um fast 7 Prozent auf knapp 139 Milliarden Euro. Einer Übersicht des Finanzministeriums zufolge belaufen sich die gesamten Sozialausgaben im kommenden Jahr auf etwa 56 Prozent des Bundeshaushalts. Der wichtigste Einzelposten darin ist der Steuerzuschuss zur Rentenversicherung.

Dieser Zuwachs und die Fluchtbewegung nach Europa sind wesentliche Gründe dafür, dass die Ausgaben 2017 um knapp 9 Milliarden steigen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) erhält gut 400 Millionen Euro mehr, mit denen er unter anderem mehr Beschäftigte beim Bundesamt für Migration und höhere Ausgaben für die Bundespolizei finanzieren muss.

Schäuble will die Ausgaben komplett aus den Einnahmen bestreiten

Der Verteidigungsetat von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) wächst um 2,3 Milliarden Euro, weil die Nato mehr Geld für den Einsatz in Krisengebieten braucht. Das Entwicklungsministerium von Gerd Müller (CSU) erhält einen Zuschlag von gut 500 Millionen Euro. Für Bildung und Forschung stehen gut eine Milliarde Euro mehr zur Verfügung.

Weil die Wirtschaft wächst und die Erwerbslosigkeit niedrig liegt, rechnet Schäuble jedoch auch mit zunehmenden Steuereinnahmen. Positiv hinzu kommen ein höherer Gewinn der Bundesbank und die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt, weshalb das Finanzministerium weniger Geld für den Schuldendienst ausgeben muss.

2018 droht Haushaltslücke

Unter dem Strich soll daher auch 2017 die sogenannte schwarze Null stehen: Schäuble will die Ausgaben komplett aus den Einnahmen bestreiten und keine neuen Kredite aufnehmen. Sein Plan ist es, diesen Kurs bis 2020 fortzusetzen – wobei darüber die nächste Bundesregierung nach der Bundestagswahl 2017 beschließen muss.

Trotz der guten Finanzlage könnte es demnächst allerdings schwieriger werden. Ein erstes Anzeichen: Für 2018 schrieb Schäuble eine „globale Minderausgabe“ von 6,7 Milliarden Euro in die Finanzplanung – eine Haushaltslücke, die man bisher nicht schließen kann. Möglicherweise lässt sich dieses Loch durch steigende Steuereinnahmen stopfen, sicher ist das jedoch nicht.

„Die Finanzierung ihres Haushalts kippen CDU, CSU und SPD der nächsten Regierung vor die Füße“, kritisierte deshalb der grüne Haushaltssprecher Sven-Christian Kindler. Für den sozialen Wohnungsbau stünden außerdem nicht genug Mittel zur Verfügung. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mahnte ein deutlich größeres „finanzielles Engagement des Bundes im Bereich Integration“ von Flüchtlingen an.

Bevor der Etat schließlich vom Bundestag beschlossen wird, folgen nun in den nächsten Monaten die Verhandlungen zwischen den einzelnen Ministerien und mit den Ländern.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • "Steuerzuschuss" zur Rentenversicherung

    Rentner zahlen 40 Jahre ein und erhalten dafür Rückzahlungszusagen. Wie bei jeder Staatsanleihe. Warum nennen alle in diesem Fall die Rückzahlung der Beiträge inklusive Zinsen einen Steuerzuschuss zur Rentenversicherung?

    "Sozialausgaben sind 56% des Bundeshaushalts" ?

    Wieso ist meine Rente eine Sozialleistung, obwohl sie beitragsproportional zu meinen Einzahlungen ist?

    Warum macht die taz dabei mit?

  • Ich frage mich, ob dieses Schwarze- Null-Mantra nicht ein Produkt der Selbstreflexion Schäubles ist, das er nur falsch interpretiert.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die Schwarze Null ist ein Wahlkampfthema der CDU. "Seht her, nur wir können mit Geld umgehen!" Allein aus ideologischen Gründen wird dieser gigantische Betrug weiter betrieben. Die Zeche zahlen jetzt schon die BürgerInnen: zu wenig Polizei, eklatanter Personalmangel in der Justiz. Kontrollen etwa im Lebensmittelbereich entfallen fast vollständig weil niemand eingestellt wird. Die Städte und auch die Natur verdreckt immer mehr: kein Geld für's Sauberhalten. Solche Beispiele gibt es viele mehr. Und das dicke Ende kommt noch: spätestens (!!) die nächste Generation wird die Reparaturarbeiten an Brücken, Straßen, der gesamten Infrastruktur sehr viel teurer bezahlen, als es heute (in Zeiten des Null-Zinses) möglich wäre. Und das alles nur aus einem einzigen Grunde: Schäubles CDU braucht einen Wahlkampfslogan.

    • @1714 (Profil gelöscht):

      Jedes mal wenn von der schwarzen Null geredet wird, der gleiche unqualifizierte Kram.

       

      Polizei/Justiz/Ordnungsämter sind Länder und Kommunensache und die sind fern fern fern von der schwarzen Null, und das obwohl auch hier die Steuereinnahmen sprudeln.

       

      Sicherlich kann man das Argument bedienen, dass man bei günstigen Zinsen auch in Infrastruktur auf Pump investieren könnte, nur das könnte man auch ohne Pump, nur die nächste Rentenrunde von Frau Nahles bringt halt mehr Wählerstimmen als ne reparierte Straße.

      • 1G
        1714 (Profil gelöscht)
        @Krähenauge:

        Die Bundespolizei ist nicht Ländersache. Die Länder erhalten Anteile des Steuereinkommens - wenn die verkürzt werden, fehlt das Geld in den Ländern. Ja, auch die Länder haben eigenes Steueraufkommen - doch es gibt Aufgaben des Bundes, die müssen doch nicht durch die Länder finanziert werden, oder? Das ist mitnichten unqualifizierter Kram.

  • Genau die Leute, die vor nicht allzu langer Zeit bittere Krokodilstränen vergossen wegen des Schuldenberges, den wir künftigen Generationen aufbürden, fordern jetzt, diesen Schuldenberg weiter zu erhöhen, und zwar kräftig! Ist das nicht verrückt?

     

    Wohlgemerkt, die „schwarze Null“ bedeutet keineswegs, dass wir nun „null Schulden“ hätten, sondern nur, dass der Schuldenberg nicht weiter anwächst. Immerhin ein Anfang.

     

    Ich finde es gut, dass endlich ein deutscher Finanzminister den Mut findet, von der jahrzehntelangen Schuldenmache abzugehen, um nicht am Ende genauso da zustehen, wie Griechenland gegenwärtig. Da mag er noch so sehr wegen der „schwarzen Null“ belächelt oder beschimpft werden!

  • Ich frag mich wirklich was der Schwachsinnmit der schwarzen Null soll?Glaubt irgendjemand tatsächlich wir könnten die Schulden dieses Landes durch Sparen bezahlen?Und wenn ja,wieviel Tausend Jahre würde das wohl dauern?Aber schön einen auf seriös machen und den Leuten im Gegenzug das Bargeld und damit den letzten Teil Freiheit weg nehmen.

  • Trotzdem hat die SPD auch einige Verbesserungen für bedürftige Bundesbürger durchgesetzt.

    Ich weiß nicht ob man über solche Sprüche lachen oder weinen soll?

    Hier ein Beispiel was wirklich vorgeht : Im Jahr 2015wurden pro Monat durchschnittlich 130.900 erwerbsfähige ALG II Empfänger sanktioniert, die Höhe der

     

    Sanktion betrug dabei durchschnittlich 107,70 Euro je Person und Monat. Die Sanktionen hatten damit monatlich einen Umfang von

     

    ca. 14,1 Millionen Euro (die BA hat damit im Jahr 2015 ca. 170 Millionen Euro durch Sanktionen eingespart)

  • ja ja die schwarze Null....danke Griechenland, sry das wir dafür euer Land in den wirtschaftlichen Ruin getrieben haben, auch die humanitäre Katastrophe tut uns Leid. Ihr müsst das verstehen, der Herr Schäuble brauch unbedingt eine schwarze Null.

     

    Auch das wir euch bei der Flüchtlingswelle nicht helfen ist nicht unsere Schuld, oder das ihr jegliche Infrastruktur die noch irgendwas Wert war verkaufen mußtet.

     

    Die schwarze Null ist wichtig, nur das zählt. Zahlen vor Humanität und Nächstenliebe..sry nochmal...

     

    dieser Text kann Spuren von Ironie enthalten.