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Blogger über Flüchtlings-Crowdfunding„Nicht als Provokation gedacht“

Als Reaktion auf die Ereignisse in Clausnitz will ein Blogger den betroffenen Flüchtlingen als Entschädigung zwei Tage Luxushotel ermöglichen.

Lieber 5-Sterne statt ein Clausnitzer. Foto: dpa

taz: Herr Brandes, was ist denn die Botschaft der ganzen Aktion?

Christian Brandes: Eigentlich habe ich mir die Botschaft erst hinterher überlegt, weil die Kampagne eher aus einem Impuls heraus entstanden ist. Viele Leute teilen auf Facebook ihre Meinung mit. Das ist wichtig, aber das Geschreibe geht schon seit Monaten so und wiederholt sich bloß. Durch die Crowdfundingaktion können die Leute relativ bequem vom Sofa aus einen Beitrag leisten, indem sie zahlen. Wenn ich Außenstehender wäre, würde ich mich darüber freuen, dass man neben dem Schreiben noch mehr tun kann, um seiner Wut Luft zu verschaffen.

Wird die Wut der Fremdenhasser aber nicht gerade durch so eine Aktion geschürt und richtet sich letztlich wieder gegen die Flüchtlinge?

Die Fremdenverachter sollen nicht einfach wieder so davonkommen. Diese Leute haben nach Clausnitz sowohl national als auch international viel Aufmerksamkeit bekommen. Das ist genau das, was sie wollten. Diese Leute ärgern sich doch nicht, wenn irgendwelche Tageszeitungen über sie berichten, das freut sie eher noch. Und genau das ärgert mich. Was das Wutpotenzial der Fremdenverachter angeht, sind wir ja schon am Limit. Es gibt meiner Meinung fast nichts mehr, was das Unverständnis dieser Leute potenziert. Die Kampagne ist aber nicht als Provokation gedacht, auch wenn sie teilweise als solche aufgefasst werden kann. Dass sich die Wut der Fremdenhasser noch mehr gegen Flüchtlinge richtet, ist auf jeden Fall ein ganz kritischer Punkt.

Sie wollen den Flüchtlingen durch die Aktion einen Alternativempfang bescheren. Wie groß schätzen Sie den Nutzen eines Wochenend-Luxus-Trips für die Flüchtlinge ein?

Das Ziel soll einfach sein, dass die Flüchtlinge merken, dass Deutschland nicht nur Clausnitz ist. Es gibt Leute, die ihnen wohlgesonnen sind und auf diese Art können wir das zeigen.

Wie läuft es mit der Organisation des Projektes, die 8000 Euro haben Sie ja bald zusammen?

Bei den Hotelanfragen gab es ein paar Probleme, als wir erwähnten, dass wir einen Aufenthalt für Flüchtlinge organisieren wollen. Da herrscht gerade eine ganz komische Stimmung. Das Stichwort Flüchtling ist wahnsinnig gefährlich. Deswegen erwähnen wir dieses Detail in der zukünftigen Kommunikation nicht mehr. Immerhin handelt es sich um ganz normale Menschen. Außerdem wollen wir vermeiden, dass der Name des Hotels öffentlich wird, damit sich nicht schon wieder ein Mob von Leuten versammelt. Wir müssen noch viel planen, aber wir freuen uns, dass wir unser finanzielles Ziel fast erreicht haben.

Im Interview: Christian Brandes

, 34, ist der Mann hinter dem Blog "Schlecky Silberstein".

Die Kampagne verbreitet sich im Internet und erregt massiv Aufmerksamkeit.

Das ist die Crux dabei. Damit wir das Geld bekommen, müssen wir natürlich sagen, was wir vorhaben. Aber sobald das Geld da ist, versuchen wir das Ganze so flach wie möglich zu halten, sodass es in Clausnitz fast keiner mitbekommt.

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4 Kommentare

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  • Ich bin Außenstehende. Ich freue mich nicht. Mir geht es nämlich nicht darum, meiner eigenen „Wut Luft zu verschaffen“. Ich frage mich, wie es den wirklich Betroffenen geht mit dieser „Lösung“ des Problems.

     

    Nein, das ist keine „Provokation in meinen Augen. Es ist eine egozentrische Dummheit. Was „zeigen“ denn die Leute, die angeblich Wiedergutmachung leisten wollen mit diesem „Wochenend-Luxus-Trip[]“? Sie zeigen, dass es den Deutschen nicht um sie geht, sondern nur um selbst. Diese zwei Nächte sind eine Nabelschau, ein „Ätsch!“ Sie sagen: „So schön haben wir es, die Eingeborenen. Und wenn es nach uns ginge, hättet ihr es auch so schön wie wir.“ Aber es geht nicht nach Christian Brandes. Und es geht auch nicht nach denen, die sich anschließen mit einer kleinen Spende. Es geht nach denen, die die Macht haben in diesem Land. Wenn die beiden Luxus- Tage bzw. Nächte vorbei sind, sind die Flüchtenden wieder auf sich gestellt und mit dem konfrontiert, was Deutschland ihnen wirklich zugedacht hat.

     

    Wäre ich einer der Bus-Insassen von Clausnitz, ich würde Christian Brandes seine 8.000 Euro vor die Füße werfen, denke ich. Weil: Er hätte mich ja einfach fragen können, was ich gern damit machen möchte und ob ein Luxus-Wochenende auch meine Priorität ist.

  • 2G
    27741 (Profil gelöscht)

    Ja so ist es richtig. Da kann der Wohlstandsbürger, der munter daran arbeitet mit seinem Konsum aus diesem Planeten eine verseuchte, dreckige Kugel zu machen, den armen Flüchtlingen mal zeigen was Luxus ist und wie schön das Leben in Saus und Braus sein kann. Dass es viel Elend auf dieser Erde nur gibt, weil wenige Menschen meinen sie hätten Anspruch auf unbegrenzten Überfluss, darauf kommt Herr Brandes nicht. Aber wie Herr Brandes schon angedeutet hat, er scheint erst hinterher zu überlegen. Sonst wäre er nämlich darauf gekommen, dass es auch bei uns Ausgrenzung und Stigmatisierung gibt, durch Hartz IV zum Beispiel.

    • @27741 (Profil gelöscht):

      Hartz IV mit Armut zu vergleichen ist absolut lächerlich. In Afrika bekommst du ohne Job 0.00 Euro im Monat. In Deutschland mehr als 400. Das ist schon ein gewaltiger Unterschied. Dazu die Grundlegenden Unterschiede in der Infrastruktur. Und wieviel es in Deutschland kostenlos gibt. Jedem Bettler geht's in Deutschland besser als 'nem Durchschnittsafrikaner. Vom syrischen Krieg will ich erst gar nicht anfangen.

      • 2G
        27741 (Profil gelöscht)
        @Smaug:

        Wo steht denn, dass ich Hartz IV mit Armut vergleiche. Hier war die Rede von Stigmatisierung und Ausgrenzung. Außerdem ist Armut relativ, von daher ein Vergleich überhaupt nicht lächerlich. Und wenn ich schon den Satz lese, wieviel es in Deutschland kostenlos gebe, dann bekomm ich Pickel. Es gibt nichts kostenlos auf dieser Welt, einer bezahlt immer. Meistens die Armen der Welt. Verona Pooth hat mit Werbung vielleicht 20 Mio. gemacht, zuletzt bei KiK. Bei der Firma, die in den ärmsten Gegenden der Welt Billigklamotten nähenlässt. Dafür dürfen sie "kostenlos" Free-TV gucken. Da sind sie wohl noch stolz drauf. Das man mit dem Geld hunderte Familien ein Auskommen über viele viele Jahre ermöglichen hätte können. das fällt ihnen leider nicht ein.