piwik no script img

Öffentlichkeit für RechteBürgerwehr on air

In einer Sendung bietet das Nordwestradio der Wilhelmshavener Bürgerwehr eine Bühne. Die Stadt und linke AktivistInnen lehnen die Teilnahme ab.

Bürgerwehr: Gibt es in vielen Städten - nun auch in Wilhelmshaven. Foto: David Young/ dpa

BREMEN taz | Bremer AktivistInnen hatten für Mittwochabend zum Protest aufgerufen, doch so kurzfristig sind nur wenige gekommen: Als im Studio des Nordwestradios der Mitbegründer der Wilhelmshavener Bürgerwehr, Ralf Diederich, spricht, bleibt es draußen vor dem Gebäude weitgehend ruhig. „In Zeiten von Pegida und brennenden Flüchtlingsunterkünften sehr gefährlich“, nannte eine Bremer Aktivistin den Auftritt von Diederich. Sie protestiere, weil der Sender einem Mann, der nicht nur auf seiner Facebook-Seite rechte Beiträge gegen Flüchtlinge verbreitet, eine öffentlich-rechtliche Bühne biete.

Eigentlich hatte das Nordwestradio, ein Programm von Radio Bremen und dem NDR, die Podiumsdiskussion zum Thema Bürgerwehren in Wilhelmshaven geplant. Eingeladen war VertreterInnen der dortigen Bürgerwehr, der Stadt, der Polizei und des Bündnisses „Stopp-Rechts“.

Doch abgesehen von dem Leiter der Polizeiinspektion, Jörn Kreikebaum, lehnten die angefragten Gäste eine Diskussion mit der Bürgerwehr ab. „Wir bieten Bürgerwehren keine Plattform“, erklärt die Sprecherin der Stadt Wilhelmshaven, Julia Muth auf taz-Anfrage. „In unserem Rechtssystem liegt die Verfolgung von Straftaten allein bei der Polizei.“ Man wolle das Handeln von „Herrn Diederich aber nicht weiter bewerten“. Die wöchentliche Demonstration sei rechtsmäßig angemeldet und falle unter die Demonstrationsfreiheit, so Muth.

„Stopp-Rechts“ erklärt der taz, man setze sich nicht mit Nazis auf ein Podium: Unter den Mitgliedern der Bürgerwehr wären bekennende Nazis und RassistInnen. Laut Sprecher Danny Schnur vereinen sich in der Wilhelmshavener Bürgerwehr „die ganze Bandbreite von ganz rechts außen bis zur bürgerlichen Mitte“, auch gewaltbereite Neonazis wären mit von der Partie, darunter das Oldenburger NPD-Mitglied Eckhard Aden. Dieser besuchte, Schnur zufolge, auch die letzte Kundgebung der Bürgerwehr Wilhelmshaven.

Bürgerwehr Wilhelmshaven

Seit dem 24. Januar trifft sich die Bürgerwehr Wilhelmshaven immer montags zu einer Kundgebung.

Sie läuft, nach eigener Aussage, keine Streife, sondern hält lediglich Treffen ab.

Die Anwesenheit eines polizeilich namentlich bekannten NPD-Mitglieds bestätigt die Polizei Wilhelmshaven.

Die Mitglieder der Bürgerwehr vernetzen sich vor allem über Gruppen in den sozialen Netzwerken, wie Facebook.

Ähnliche Gruppen gibt es auch in Bremen, dort haben sie 900 Mitglieder, und in Hannover mit 1.500 Mitgliedern.

Auch der angefragte Veranstaltungsort, das Familienzentrum Nord, spielte nicht mit und so verlegte das Nordwestradio die Sendung in das Bremer Studio.

Wegen der vielen Absagen habe sich der Sender dazu entschlossen, kurze Interviews mit den Gästen zu führen, sagt Kai Schlüter, der Leiter des Nordwestradios. Das sei zwar unüblich, aber man wolle sich „das Thema nicht nehmen lassen“. Interviewt wurden neben Kreikebaum von der Polizei und Diederich auch der Sprecher der sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, Frank Richter.

„Wir betrachten es als unsere Pflicht, eine Meinungsvielfalt auch in unserer Sendung zu gewährleisten“, erklärte der Radiosender auf seiner Facebook-Seite. Das Konzept der Sendung sei eine kontroverse Diskussion, bei der sich die Hörer selbst eine Meinung bilden sollen, so Schlüter.

Im Nordwestradio sagt Ralf Diederich: „Ich will keine extrem Rechten und keine extrem Linken.“ Er räumt aber ein, dass bei der Vereinsgründung der Bürgerwehr im Januar, „zwei bis vier extrem Rechte“ dabei waren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!