: Räumung aus Prinzip
RAUS-WURF
Für die örtlichen Grünen war es „sture Prinzipienreiterei“: Obwohl die Stadt Flensburg keine Verwendung dafür hat, ließ Oberbürgermeister Simon Faber (SSW) die Harniskai-Spitze wieder in städtischen Besitz bringen. Auf der Brachfläche leben seit mehr als zwei Jahren 15 Menschen in ihren Bauwagen; ebenfalls steht dort die Kulturstätte „Luftschlossfabrik“.
Mittwochmorgen rückten zwei Hundertschaften Bereitschaftspolizei aus ganz Schleswig-Holstein mit Wasserwerfern und Räumpanzern an. Befürchtet worden war das seit Montag. Die Uniformierten durchbrachen die Barrikaden am Zugang, rund 20 Besetzer leisteten Widerstand: Sie verschanzten sich in den alten Pavillons auf dem Gelände und wehrten sich mit Böllern, Holzlatten und Feuerlöschern gegen die heranrückende Polizei. Zwei Protestler ketteten sich in einem provisorischen Turm an, ehe sie festgenommen wurden. Noch am Mittwochnachmittag begann der Abriss der alten Hafengebäude.
Wenige Stunden vor der Räumung hatten die Grünen im Hauptausschuss des Flensburger Stadtrats versucht, einen Räumungsaufschub zu erwirken – zogen den Antrag jedoch wieder zurück: „Wir hätten die Abstimmung verloren, weil nur die Linke mit uns gestimmt hätte“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ellen Kittel-Wegner. Die absehbare Niederlage wäre dann indirekt einer Aufforderung gleichgekommen, räumen zu lassen. Zudem hätten alle Fraktionen beteuert, die Luftschlossfabrik fördern zu wollen und alternative Flächen für Bauwagen einzurichten.
Was die Unterstützer da noch nicht wussten: Die Stadt verfügte bereits seit eineinhalb Jahren über einen vollstreckbaren Räumungstitel für das Gelände, den sie gegen die Firma Tycoon erwirkt hatte. Tycoon hatte die Harniskai-Spitze 2010 von der Stadt gepachtet, um einen Industriepark für die Montage von Flugbooten aufzubauen – der Plan floppte. Seit August 2013 diente das Areal dann als Bauwagenplatz und Kulturstätte. Was nun dort passieren soll, will die Stadt laut eigener Ankündigung bei den Bürgern erfragen. KVA
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