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Kriminologe Feest über Ermittlungspraxis„Die Polizei hat Definitionsmacht“

Der Bremer Strafrechtsprofessor Johannes Feest hat untersucht, wie Stereotype die Ermittlungsarbeit der Polizei beeinflussen.

Wo fängt die Lüge an? Der Vorwurf, die Presse verschweige Informationen, wird aus dem politisch linken und rechten Spektrum erhoben Foto: dpa
Jean-Philipp Baeck
Interview von Jean-Philipp Baeck

taz: Herr Feest, was halten Sie davon, dass nach den Silvester-Vorfällen in Köln und Hamburg wieder mehr über die Herkunft und die Nationalität von Verdächtigen gesprochen wird?

Johannes Feest: Ich denke seit Langem, dass es nicht in Ordnung ist, wenn die Presse aufgrund von Polizeiberichten schreibt, dass jemand von einem z.B. „Türken“ bestohlen oder niedergeschlagen worden sei. Es ist eine unvollständige Information. Wenn man es schon so genau nimmt, will man doch auch wissen, ob der andere Mensch auch ein Türke ist, wenn es denn überhaupt zur Sache tut.

Nährt es nicht den Vorwurf, die „Lügenpresse“ verschweige wichtige Fakten, wenn über die Herkunft eines Verdächtigen nicht berichtet wird?

Ich bin nicht dafür, das zu verschweigen, aber man sollte nicht pauschalisieren. Der Vorwurf, dass die Presse etwas falsch macht, kann aus verschiedenen Richtungen kommen: Im Falle von Pegida kommt er von rechts, aber auch von links können die Leute meinen, dass Ausländerfeindlichkeit medial verstärkt wird. Im Grunde bin ich ganz zufrieden damit, wenn sich die Tagespresse an den Pressekodex hält.

Sie meinen, dass in der Berichterstattung die Zugehörigkeit eines Verdächtigen zu einer Minderheit nur erwähnt werden sollte, wenn es einen „begründbaren Sachbezug“ gibt?

Das Problem ist eine fast gedankenlose Weitergabe von Polizeiberichten, die Einzelfälle betreffen und in den Köpfen der Leser eine unhinterfragte Statistik bilden. Etwas anderes ist es, wenn die Wochen- oder Monatspresse zusammenfassende Analysen macht und einer Frage systematisch nachgeht, mit offenem Ende und Abwägungen.

Bei den Silvester-Übergriffen könnten womöglich die kulturellen Hintergründe der Täter relevant sein. Sollte darüber dann nicht gesellschaftlich diskutiert werden? Ist es nicht ähnlich wie etwa beim Ehrenmord?

Gerade beim Ehrenmord ist das ja geschehen. Und in Bremen wird seit über einem Jahr über die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge diskutiert. Da wurde hin und her überlegt, ob man sie etwa ins geschlossene Heim steckt. An irgendeinem Punkt ist die Diskussion dann auch ausführlich und vernünftig geführt worden. Und nur so wird dann ein Schuh draus. Ich hatte durchaus mit Vergnügen festgestellt, dass die Tagespresse immer weniger darüber geschrieben hat, welcher Nationalität der Täter gewesen ist.

Im Interview: Johannes Feest

76, war von 1974 bis 2005 Professor für Strafverfolgung, Strafvollzug und Strafrecht an der Universität Bremen.

Was nun wieder zunimmt ...

Das führt zu generalisierenden Zuschreibungen. Mein Hamburger Kollege Sebastian Scheerer hat es den „politisch-publizistischen Verstärkerkreislauf“ genannt: Unter Umständen steht die Polizei damit am Anfang, indem sie behauptet, man habe es verstärkt mit Tätern aus bestimmten Länder zu tun. Das kann aber auch aus der Politik kommen. Die Medien nehmen es auf und verstärken es. Scheerers Begriff kannte ich noch nicht, als ich vor Jahrzehnten eine Studie über die polizeiliche Wahrnehmung von Kriminalität gemacht habe, ansonsten hätte ich ihn dabei verwendet.

In Ihrer Studie ging es um die „Definitionsmacht der Polizei“. Was kam dabei heraus?

Zunächst, dass die Polizei de facto eine große Macht hat, Situationen als verdächtig oder gefährlich zu definieren. Das meint nicht unbedingt das Gleiche, was die Juristen Ermessen nennen, sondern etwas viel Fundamentaleres.

Wie ist das zu verstehen?

Es kommt darauf an, was die jeweiligen Stereotypen sind, an die sich die Polizei hält und die sie zum Teil mitproduziert, indem sie bestimmte Leute nach ganz äußerlichen Merkmalen für besonders verdächtig oder für besonders gefährlich hält. Im Moment, nach den Silvester-Ereignissen, schauen die Nordafrikaner so aus.

Wie auch immer ein „Nordafrikaner“ genau aussieht.

Zumindest werden Leute, die man dem Aussehen nach dafür hält, genauer kontrolliert und härter angefasst. Und da kommt dann im Zweifel eigentlich immer irgendetwas dabei heraus: Wenn die Polizei nun wie in Duisburg eine Razzia macht und ein Asylantenheim anschaut, sind es eben Verstöße gegen das Ausländergesetz oder kleine Delikte.

In der Polizeilichen Kriminalstatistik wird seit Jahren nach Straftaten von Inländern und von Ausländern unterschieden.

Da finde ich es völlig in Ordnung.

Warum?

Weil es einen statistischen Wert wiedergibt, der sich im Laufe eines bestimmten Jahres herausstellt. Daraus können Schlüsse gezogen werden, angefangen von der Polizei bis hin zur Wissenschaft.

Wird, etwa bei der Zahl der Straftaten, nicht zu wenig darüber aufgeklärt, dass es Taten gibt, die nur Ausländer begehen können, dass also viele Aufenthaltsdelikte darunter sind?

Das gehört zur Analyse dazu und hat sich im Laufe der Zeit bei den Polizei-Statistikern sehr verbessert: Wenn etwa das Bundeskriminalamt seine jährliche Kriminalstatistik herausgibt, werden die statistischen Daten vorsichtig interpretiert und der Hintergrund ihrer Entstehung erläutert. Es gibt Politiker, die sagen dann nur die halbe Wahrheit. Aber solcher Hintergrund gehört dazu.

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6 Kommentare

 / 
  • Die Polizei schafft sich im Zweifel ihre Kundschaft selbst. Keine Polizistengewerkschaft hat jemals weniger Personal gefordert - es sollen immer mehr Menschen zur Polizei und zugleich wird die wirkliche Statistik, die ja schon lückenhaft ist, immer wieder ausgeblendet. Sinkt die Zahl der Einbrüche, holt man ne andere Zahl. Ist es eigentlich friedlich, dann warnt man vor Nordafrikanern und spielt Ping-Pong mit Medien und Politikern. Die Polizei will Verbrechen und Verbrecher, weil das ihr Existenzgrund ist. Und die Polizei hat (fast) immer recht. Sie wird ja geschützt und dabei erlaubt man ihr Übertritte und massive Fehleinschätzungen. Welcher Deutscher kann einen Ägypter von einem Palästinenser oder Syrer unterscheiden? Welcher Deutscher kann einen Spanier von einem Franzosen unterscheiden? Aber wir sind jetzt wachsam, die Nordafrikaner werden unter Kontrolle gebracht, fragt sich nur, wie das konkret aussieht.

  • Kriminologe Feest über Ermittlungspraxis

    „Die Polizei hat Definitionsmacht“

     

    Jau - es wurde wieder festgestellt -

    Daß Marmelade Fett enthält.

    kurz - Mein Reden seit 33;))

     

    Kluge Anmerkungen - gewiß.

    Nur - dahinter wirds's ja erst

    Spannend - & schwer dompf&donkel!!

    Ok - Raus aus dem verdienstvollen

    Pointilismus -

    Alles mal qua Organisationssoziologie

    Auf die Zeitachse gepackt.

    Stichwort: Selbstreferentielles System

    kurz - Korps-öhGeist Polizei - auweih!

     

    Start: post WK II (gnädigerweise!)

    BRD -> rekrutierte sich Polizei -

    Vorrangig aus den NS-"Schutzpolizisten"

    Den Polizei Bataillonen - die ja -

    Der Wehrmacht oder der SS unterstellt -

    Deren "Drecksarbeit" erledigt hatten!

    Vulgo - Mörder! (Kurras läßt grüßen -

    SBZ/DDR - sah nicht viel besser aus -

    Kalter - Krieg - remember & today?!

    Have a look at Dunkeldeutschlandf;(

     

    Das hat bis heute reale Folgen.

    Stichwort - s.o.~> Selbstrekrutierung.

    kurz - Polizei nicht als Diener

    Der sie bezahlenden Bürger - Nö!

    Wir sagen wo'swieLanggeht!

    intelell: Definitionsmacht

    Daran hat sich mangels

    Gegenteiligem politischem

    Willen nichts wesentliches geändert.

    ff - gern;)

    • @Lowandorder:

      ff - in praxi;)

       

      Beispiel? - gern frisch vom Insider ~>

      LKA-Mann zu den Vorgängen

      Verfassungswidrige Ausspähung durch

      Schlapphüte im Raum Bonn/Eifel;!¡)

      "Die Kollegen haben ja nichemal

      Den Ansatz einer Idee davon,

      Daß sie bei ihrer "Arbeit" - ohnehin &

      Permanent! - in

      Die Grundrechte der Bürger eingreifen!!

      (sog. Tatbestandswirkung -

      Grundlage jeglichem Strafrechts!)

      Spricht's du sie darauf an -

      Erstaunen Kopfschütteln!"

      (DDR-Blütensammlung:

      "Ich hatte meine Weisung!" -

      Wenn der offensichtlich größte Scheiß gemacht ist!)

      Folge - hö hö SchlappiVersetzung

      Woanders in der Schmier -

      Derselbe Job - dieselbe Party!

      So geht das.

       

      kurz - vor dieser Folie ist es nur konsequent &

      so naheliegend,

      Daß Verhältnismäßigkeitsprinzip

      Mittel-Zweck-Relation

      Opportunitätsprinzip etc -

      Weitgehend polizeiintern

      Fremdworte geblieben sind;

      Alles gut abgesichert durch

      Geneigte Politikaster aller Ebenen!

      (frauman nehme ner den amtierenden

      Öberschten IM FrozenThomas & gar

      Seinen stammelnden -

      ( is doch bis heute wahr -;)

      Vorgänger kleinBlindie!) &

       

      Die Justiz¿ - stützt's qua StA - klar - &

      Gerichte? - scheitern regelmäßig

      An den Mauern des Schweigens&Vertuschens

      (Einsicht via 30jährchen -

      20 davon u.a. Dienstrecht!)

      Da schließt sich & kreist

      Der böse Korps-öhGeist((

       

      Ende des Vorstehenden.

      • @Lowandorder:

        Fein analysiert! Und nu - wo den Hebel ansetzen und die Kamele durch's Nadelöhr ziehn?

        • @Rainer B.:

          Wer die Zeitachse bis Kamel&Nadelöhr verlänngert ->

          Weitergabe an die Langsatzgiganten!

           

          Was jünger - short cut - 1918 //

          Post WK I - Vorschlag Balin - wa!

          "Wer wird uns die Straßen einst kehrn?

          Wer wird uns die Straßen einst kehrn?

          Die Bullen - die Herrn -

          Mit'm Wichstop&Stern -

          Die wehrn uns die Straßen einst kehrn!"

          Quelle - Liedgut: ~>

          "Wem hamse die Krone jeklaut!"

           

          Es kam leider anders - ;(

          Dank Ebert & Bluthund Noske

          vgl - Der Verrat -

          by Sebastian Haffner.

          Der Rest - bekannt!

           

          Neuere Vorschläge¿

          Unbekannt!

          • @Lowandorder:

            Wenn ich die Antwort hätte, würd' ich sie auch verschweigen.