Kommentar Probleme bei German Pellets: Grün ist nicht immer Gold
Hohe Renditen plus gutes Öko-Gewissen? Bei Prokon ging das schief, bei German Pellets tut es das vielleicht auch. Aber es gibt Unterschiede.
U nd dann muss die Klimakonferenz in Paris herhalten: Fossile Brennstoffe würden wegen ihrer „Nachhaltigkeit“ in der Stromproduktion künftig stärker durch Biomasse ersetzt werden, versucht German Pellets Anleger zu beruhigen. Das mag ja stimmen. Langfristig. Vermutlich.
Derzeit klaffen Prognose und Fakten aber krass auseinander. Dem Holzverarbeiter aus Wismar mit seinen 600 Mitarbeitern und 15 Standorten in Deutschland, Österreich, Belgien und den USA geht es nicht gut. Trotz Paris. Trotz Nachhaltigkeit.
Die Firma, die verfeuerbare Holzschnipsel herstellt, steckt in Kalamitäten. Die Investoren sollen auf einer Gläubigerversammlung darüber abstimmen, dass eine Anleihe später und mit weniger Zinsen zurückgezahlt wird. Viele private Kleinanleger dürften betroffen sein. Insgesamt sind bei German Pellets möglicherweise über 200 Millionen Euro im Feuer.
Nein, es handelt sich nicht um Prokon II. Es geht – nach allem, was bekannt ist – nicht um ein zwielichtiges Geschäftsmodell. Allerdings: Genau wie bei der insolventen Windkraftfirma wurden auch bei German Pellets Anleger mit ultrahohen Renditen plus gutem Öko-Gewissen gelockt. 8 Prozent „grüne Rendite“ verspricht German Pellets auf seine Genussrechte – und den ganzen Öko-Schmu von der Anlage „in einen nachhaltigen und nachwachsenden sowie umwelt- und klimafreundlichen Brennstoff“.
Kann das klappen? Ja: Es gibt nachhaltige Geschäftsmodelle, die prima funktionieren. Aber: Auch wer sein Geld in vermeintlich solide „Mittelstandsanleihen“ wie die von German Pelllets steckt, muss wissen: Kann auch schiefgehen. Grün ist nicht automatisch eine Goldgrube. Und stets kann das völlig Unvorhersehbare geschehen. In diesem Fall wohl ein irrer Mix aus Rohstoff- und Weltpolitik. Stichworte: Fracking, Russland, die Saudis. Wer hätte gedacht, dass der Ölpreis binnen 18 Monaten um 75 Prozent abstürzt – und das Verfeuern von Pellets nicht mehr so rentabel ist wie einst?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Israelische Fans angegriffen
Gewalt in Amsterdam
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
+++ Nach dem Ende der Ampel +++
Habeck hat Bock
Habecks Bewerbungsvideo
Kanzler-Era
Trumps Wahlsieg und Minderheiten
So wie der Rest