RAW-Gelände in Berlin: Zukunftspläne fürs Partyviertel
Sollen Wohnungen auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain gebaut werden? Für den Westteil des Areals bahnen sich Lösungen an, im Ostteil gibt’s Probleme.
Zumindest für einen Teil des RAW-Geländes nimmt die Zukunft jetzt konkretere Gestalt an. Kürzlich hat die Kurth-Gruppe, Eigentümerin des westlichen Geländeteils, in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) sowie einem öffentlichen Werkstattgespräch ihren Plan für ein Beteiligungsverfahren präsentiert. Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) lobte den Vorschlag als „richtig und gelungen“. Auch Rainer Wahls vom Stadtteilbüro Friedrichshain wertete ihn als „Chance für eine nachhaltige Stadtentwicklung“.
Ziele des anderthalbjährigen Dialogverfahrens sind ein bauliches Konzept für den Westteil des RAW-Geländes und ein Bebauungsplan, der regelt, welche Bauten auf dieser Fläche zulässig sind und welche nicht. Ende Januar sollen Eigentümer, Nutzer, Initiativen und Anlieger in einer Werkstatt mit dem Namen „Perspektive 2025“ erste Überlegungen zur Entwicklung des Geländes anstellen. Einen Monat später sollen sie erste Entwürfe ausarbeiten, im Mai werden die Bürgerinnen und Bürger befragt. Ende 2016 ist ein Architektenwettbewerb geplant, Ende 2017 soll der Entwurf für einen Bebauungsplan stehen.
So offen das klingt, so klar sind jedoch die Vorstellungen der Kurth-Gruppe von der Zukunft des Geländes. Zum einen handelt das Unternehmen mit den Nutzern der vier denkmalgeschützten Gebäude neue Mietverträge aus. Die soziokulturellen Angebote, darunter Proberäume und ein Kinderzirkus, will die Kurth-Gruppe damit erhalten. Wie langfristig die Verträge jedoch sein werden, ist nicht bekannt. Zum anderen sollen Büros, Start-ups und Gewerbe ein Gegengewicht zum wilden Nachtleben bilden.
Während sich also im Westteil des Geländes Lösungen anbahnen, kommt es im Ostteil zu Problemen. Dort plant der neue Eigentümer, die International Campus AG, Wohnheime für Studierende. Dabei hatte sich die BVV erst im Sommer 2014 gegen Wohnungen auf dem Gelände ausgesprochen. Gegner der Wohnbebauung argumentieren, Lärmklagen von Anwohnern könnten die Kulturnutzung des Geländes unmöglich machen. Das glaubt auch das Bezirksamt und sendet eine klare Botschaft: „Wir haben nicht vor, Wohnungen bauen zu lassen“, betonte Hans Panhoff am vergangenen Freitag.
Doch solche Ansagen beeindrucken die International Campus AG offenbar nicht. Im Gegenteil: Erste Gespräche mit dem Bezirksamt und dem Senat seien „positiv“ verlaufen, versicherte ein Unternehmenssprecher der taz. „Wir sind zuversichtlich, dass sich auch Wohnen in die gemischte Nutzung des RAW-Geländes integrieren lässt.“
Das Unternehmen scheint sich darauf zu verlassen, am Ende schlagende Argumente für eine Wohnbebauung zu haben. Woher es den Optimismus nimmt, ist fraglich. Nicht einmal auf die Bezirks-SPD, bisher eine Befürworterin von Wohnungen auf dem RAW-Gelände, kann die International Campus AG zählen. Der taz sagte John Dahl (SPD), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses im Bezirk: „Wir vermuten, dass das Unternehmen hochpreisige Wohnheime bauen möchte. Das entspricht nicht unserer Idee sozialen Wohnens für das Gelände.“ Eine BVV-Mehrheit für die Pläne des Unternehmens sieht Dahl erst recht nicht.
Hat der neue Teileigentümer die Rechnung ohne den Bezirk gemacht? Baustadtrat Panhoff scheint jedenfalls in Zukunft von Konflikten mit dem Unternehmen auszugehen. „Dass es Streit geben wird, ist mir bewusst“, so Baustadtrat Panhoff. Ruhe wird um das RAW-Gelände also noch lange nicht einkehren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!