Die Bahn will mittendurch

VERKEHR Geht es nach der Deutschen Bahn, sollen bald schnellere, schwerere Güterzüge mitten durch Oldenburg fahren. Stadt und Bürger halten mit 8.600 Einwendungen dagegen. Heute starten die Anhörungen

Engpass bei der Anbindung an den Jade-Weser-Port: Ausbaustrecke der Bahn bei Rastede  Foto: Ingo Wagner/dpa

Von Manuela Sies

Mitten durch Oldenburg will die Deutsche Bahn eine Trasse ausbauen – für schwerere und schnellere Güterzüge. Doch in Oldenburg sind fast alle dagegen: 8.600 Einwendungen gingen von BürgerInnen ein und noch mal 35 von der Stadt. Im Planfeststellungsverfahren, das für die Baugenehmigung notwendig ist, beginnen am Mittwoch die ersten Anhörungen.

Die Strecken-Erweiterung steht im Zusammenhang mit dem Jade-Weser-Port: Zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven soll bis 2022 für 844 Millionen Euro das Bahnnetz ausgebaut werden, um den Tiefwasserhafen an das Schienennetz anzubinden. In Teilen ist das schon geschehen.

In Oldenburg geht es nun um einen 8,9 km langen Abschnitt, der westlich des Hauptbahnhofs nach Norden aus der Stadt hinausführt und in der angrenzenden Gemeinde Rastede endet. Die DB Netz AG will den Abschnitt elektrifizieren, Bahnübergänge umgestalten und Lärmschutzwände errichten.

BürgerInnen und Stadtverwaltung befürchten, der Ausbau würde das Stadtbild zerschneiden. EigentümerInnen haben Angst vor Schäden an ihren Häusern, AnwohnerInnen vor Elektrosmog und Lärmbelastung. Einige sehen Oldenburg in Zukunft gar lahmgelegt, ob der sechs Bahnübergänge und mehrerer Überführungen auf den Abschnitt. „BürgerInnen, PendlerInnen und Rettungswagen stehen bald vor geschlossenen Bahnschranken“, sagt Ingo Splittgerber, Vorsitzender der „Interessengemeinschaft der Bürger und Bahnanlieger Oldenburg“. Und er sorgt sich um die Sicherheit: Auch Gefahrguttransporte könnten künftig durch die Stadt fahren, sagt Splittgerber.

Die Umschlagkapazität des Jade-Weser-Ports liegt bei 2,7 Millionen Standardcontainern (TEU) im Jahr.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres hat er 197.000 TEU umgeschlagen, im ersten Halbjahr 2013 39.000.

Damit die angepeilte Anzahl an Containern abtransportiert werden kann, muss die Bahnstrecke ins Hinterland nach Oldenburg ausgebaut werden.

Im Juli haben sich Niedersachsen und die Bahn auf ein Konzept für den vierten Bauabschnitt zwischen Varel und Sande verständigt.

Bürgerinitiativen und die Stadt selbst plädieren deshalb für eine Umgehungsstrecke. Sie würde östlich der Stadt entlang der Autobahn A 29 führen. Die Verwaltung hat dies in einer Einwendung bekräftigt. „Aber die Bahn prüft das nicht ernsthaft“, sagt Armin Frühauf, Grünen-Ratsherr und Vorsitzender der Initiative „Lärmschutz im Verkehr“. In einer Erwiderung habe sie die vorgeschlagene Variante lediglich „kaputt geschossen“ und als zu teuer abgelehnt. Splittgerber spricht sogar davon, dass die Umgehung künstlich „teuer gerechnet“ werde, um sie zu verhindern. „Wir glauben, dass sich die Kosten in etwa die Waage halten würden.“

Die Bahn antwortete trotz mehrfacher Nachfrage der taz.nord nicht auf diese Kritik. In online zugänglichen Projektunterlagen geht die DB Netz AG aber auf die Ostumfahrung ein und beziffert die Kosten auf 858,5 Millionen Euro. Das verkehrswissenschaftliche Institut Stuttgart (VWI) hatte in seinem Gutachten für die Stadt dagegen von nur 550 Millionen Euro gesprochen. Laut DB Netz AG habe das VWI Umbaukosten, die für die Anbindung des Hauptbahnhofs anfallen würden, nicht richtig berechnet. Hinzu kämen „eisenbahnbetriebliche und -verkehrliche Fragen“, weshalb die Umfahrung laut Bahn keinen Sinn mache.

Die Einwendungen werden nun bis Mitte Dezember angehört, für den Januar stehen bereits Zusatztermine. Letztendlich liegt die Entscheidung über die Baugenehmigung beim Eisenbahnbundesamt. „Notfalls klagen wir vor dem Bundesverwaltungsgericht“, sagt Ausbau-Kritiker Splittgerber.