: Geld statt Konzept
VEGESACK Das Spicarium soll durch ein Hauswirtschaftsmuseum ersetzt werden – weil das Fördermittel vom Jobcenter bekommt
Das „Spicarium“ im Vegesacker Hafenspeicher wird zum Jahresende geschlossen – und durch ein Hauswirtschaftsmuseum ersetzt. Das soll die Wirtschaftsdeputation heute beschließen.
Die 2011 eröffnete Dauerausstellung, eine Mischung aus Science-Center, Schifffahrts- und Stadtmuseum, zog nicht einmal 10.000 BesucherInnen im Jahr an – und braucht deshalb rund 150.000 Euro an Zuschüssen im Jahr. Die Kosten für eine Neukonzeption des „Spicarium“, ein Zentrum der „Maritimen Meile“ in Vegesack, beziffert das Wirtschaftsressort auf mindestens 300.000 Euro – zu viel, findet die Behörde: „Eingedenk der erheblichen Umbaukosten und der ungewissen Steigerung der BesucherInnenzahlen kann die Fortführung nicht empfohlen werden“, schreibt sie.
Weil der 200 Jahre alte Speicher, die Keimzelle der Vulkan-Werft, unter Denkmalschutz steht und öffentlich zugänglich bleiben muss, will das Wirtschaftsressort nun das „Köksch und Qualm“ nach Vegesack holen. Das unbekannte Museum ist bisher in einer alten Zigarrenfabrik in Burgdamm untergebracht und zeigt, einmal in der Woche, den Haushalt einer gutbürgerlichen Familie um 1900. Sein Vorteil: Es wird wie das Geschichtenhaus im Schnoor von der Bras getragen, also vom Jobcenter finanziert – weil es der Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen dienen soll. In Vegesack soll das Hauswirtschaftsmuseum „maritime Themen“ in den Mittelpunkt stellen, so das Ressort, und im ersten Stock noch Platz lassen für die Vermietung an Konferenzen und Gesellschaften. Bis April 2016 will die Behörde aus ihren „ersten Überlegungen“ ein „konkretisiertes Konzept“ machen. Die oberen beiden Etagen des Hauses sollen, wie bisher, für 40.000 Euro im Jahr vermietet werden.
Die Grünen signalisierten Zustimmung zu den Plänen des Ressorts. Aus Sicht der FDP indes ist deren Plan „barer Unsinn“ und „völlig abwegig“, auch Ex-Wirtschaftssenator Claus Jäger (FDP), der sich für den Dreimaster „Deutschland“ engagiert, hält „überhaupt nichts“ von der Idee. Keiner könne ernsthaft auf die Idee kommen, dass ins Köksch und Qualm mehr Gäste kämen als ins Spicarium, so Jäger: „Hier geht es nur um eine Förderung aus anderen öffentlichen Mitteln.“ Jan Zier
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