Die Wahrheit: Islamofanten im rosa Tschador
Das kann ja heiter werden: Ein theologischer Exkurs, bei dem man einem Kind den Islam und andere Religionen erklären soll.
W ir leben nicht in Molenbeek, sondern am Rande einer Metropole zwischen Rhein und Main. Zugereiste aus Berlin nennen das Viertel „Neu-Neukölln“. Eingesessene sprechen lieber von „Klein-Zypern“, weil hier Griechen und Türken einträchtig nebeneinander leben. Auf dem Spielplatz steht eine steinerne Kletterskulptur von monumentaler Scheußlichkeit, die offiziell „Vielfaltosaurus“ heißt.
Meiner Erstklässlerin ist deshalb der Anblick von Hidschab, Chimar und Tschador schnell plausibel gemacht: „Diese Frauen glauben an einen lieben Gott, dem es gefällt, wenn sie möglichst wenig Haut zeigen.“ Zack, schon erklärt. Das Kind ergänzt selbsttätig, wahrscheinlich hätten diese Frauen eifersüchtige Männer. Und es äußert den Wunsch, an Fasching einen „rosa Tschador mit Glitzer“ tragen zu dürfen. „Wenn du später zum Islam übertrittst“, erkläre ich leichthin, „kannst du das sogar immer tragen!“
„Was ist Islam?“, fragt das Kind. Auweia. Ein theologischer Exkurs, das kann heiter werden. „Islam ist wie Christentum“, versuche ich: „Die Muslime glauben an einen ähnlichen Gott wie Oma und …“ Das Kind nickt finster: „Der Tim hat gesagt, diese Mörder mit den Bomben in Frankreich waren Muselime!“
Ich seufze: „Nein, das waren einfach nur besonders dumme Arschlöcher. Außerdem heißt es Muslime, nicht Muselime. Oder Moslems“. Sie, tückisch: „Meinst du etwa Mosloms?“ Ich, noch tückischer: „Nein, ich meine Muselmins!“ Sie: „Möslämmer?“ Ich: „Muselmomms!“ Sie: „Islamofanten!“ Dabei bleibt’s dann.
Als Vater bin ich bemüht, meiner Siebenjährigen das Prinzip universeller Toleranz ans Herz zu legen – unser Lieblingsgott ist derzeit der elefantenköpfige Ganesch, ein netter Kerl ohne Angst vor Frauen. Nicht mein Job ist es, Respekt für Religionen einzufordern. Respekt gebührt einer Leistung, nicht der Unterwerfung unter archaische Rituale. Die Gebräuche und Gebote gleich welcher Weltreligionen gehen uns nichts an. Womit wäre ich wohl gepudert, würde ich ihnen gegenüber meiner Tochter auch nur einen Hauch von Relevanz beimessen? Mit dem Klammerbeutel. Nein, das sollen die sakralen Handelsvertreter mal schön selbst versuchen. Ich wünsche viel Erfolg!
Meine väterliche Pflicht ist es, das kindische Lachen über jedweden glaubenskranken Ernst noch zu bestärken – auch damit mir selbst dieses Lachen nicht vergeht. Neulich begegnete uns auf der Straße ein vollverhüllter Islamofant mit Nikab oder Burka – mir offen gestanden wurscht, aber auch recht. Das Kind krähte entzückt: „Guck mal, ein schwarzer Barbapapa!“, und ich wies es nicht zurecht. Wem es gefällt, als Schatten unter den Menschen zu wandeln, dessen geringstes Problem dürften fröhliche Kinder sein. Der Vielfaltosaurus mag Kinder.
Eine heitere Skepsis als Kern spiritueller Unterweisung steht übrigens auch dem Christentum ganz gut. Neulich wollte ich von meiner Tochter wissen, ob sie sich an die letzten Worte Jesu am Kreuz erinnern kann. Das Kind nickte eifrig, ballte die Fäuste gegen den Himmel und brüllte: „Rache!“
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