piwik no script img

Radiomonolog mit Corinna HarfouchToleranz nicht für Nazis aufbrauchen

Das Hörspiel „Confirmation“ will die Rechten durchschauen. Unter ihnen: ein Holocaustleugner und der Betreiber einer rassistischen Webseite.

Ist die einzige Sprecherin in der Produktion des SWR: Corinna Harfouch. Foto: dpa

Kann man mit Nazis diskutieren? Dieser nicht neuen, aber aktuellen Frage widmet sich das Hörspiel „Confirmation – Bestätigung“. Es ist die deutschsprachige Erstaufführung einer preisgekrönten Performance des Theatermachers Chris Thorpe. Auf Grundlage des von Katharina Schmitt aus dem Englischen übersetzten Textes hat Klaus Buhlert als Regisseur und Bearbeiter nun einen Radiomonolog inszeniert. Einzige Sprecherin in dieser Produktion des SWR (Redaktion: Manfred Hess) ist Corinna Harfouch.

Als thematischer Ausgangspunkt dient der sogenannte Bestätigungsfehler. Der Begriff aus der Psychologie umschreibt, wie jeder Mensch durch selektive Wahrnehmung sein Weltbild zu festigen versucht.

Thorpe, der sich als linksliberal bezeichnet, recherchierte im britischen rechtsextremen Milieu, um die eigenen Bestätigungsfehler und die der Rechten zu finden. Sowohl ein Holocaustleugner als auch der Betreiber einer rassistischen Website wurden so zu seinen Gesprächspartnern.

Das Einlassen auf rechte „Argumentationen“ ist problematisch, zumal wenn es mit deren erneuter Wiedergabe verbunden ist. Statt diese Meinungen zu widerlegen, wird von Thorpe, bzw. Harfouch, vor allem nach eigenen Bestätigungsfehlern gesucht.

Hier zeigt das Medium Hörspiel, wo seine Grenzen liegen. Eventuelle Ironie oder auch Perspektivwechsel beim Erzählen lassen sich – ohne die visuellen Gestaltungsmöglichkeiten des Theaters – ausschließlich mit Stimme, Haltung zum Mikro und Stereobalance schlecht vermitteln.

Das Hörspiel

„Confirmation – Bestätigung“, Do., 12. November, 22.03 Uhr, SWR 2

Sprecherin: Corinna Harfouch; Regisseur: Klaus Buhlert; Redaktion: Manfred Hess; Nach einer Performance von Chris Thorpe

Das Hörspiel kommt zu dem Schluss, dass Toleranz nicht für Nazis aufgebraucht werden sollte. Dieses antirational anmutende Ende bringt aber vielleicht nur die Hilflosigkeit gegenüber rechtem Gedankengut zum Ausdruck.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Die Frage ist doch eher: "Will man mit Nazis diskutieren"?

     

    Wer´s mal versucht hat, will nicht mehr.

  • Die angesprochenen Bestätigungsfehler sind sicher ein vielseitiges Problem, das nicht nur im rechtsextremen Gedankengut allein beherrschend betrifft. Ich würde davon abraten, Bestätigungsfehler in einer bestimmten Hinsicht zu vermuten und beweisen zu wollen. Leider stoße ich damit auf taube Ohren. Das Hörspiel ist sicher gut gemacht, ich mag und erwarte gute Hörspiele.

  • Wertungen dürfen erst beginnen, wenn die Faktenlage unstrittig ist, nicht vorher. Wem das nicht klar ist, ist Anhänger eines Glaubenssystems und nichts weiter. Das deutlich zu machen ist das Verdienst des Hörspielautors. Der Ansatz, nach Bestätigungsfehlern zu suchen, ist in jedem Fall zu loben, unabhängig davon, ob ihm das geglückt ist. Auf das Hörspiel darf man gespannt sein.

     

    Es sei problematisch, auf „Argumentationen“ einzugehen, schreibt der Autor des Artikels. Er setzt das Wort in Anführungszeichen. Das steht als Symbol für die Arroganz mancher Linker, für eine Haltung, die das ist, was sie immer den Rechten vorwirft: zutiefst antiintellektuell.

     

    Zu einem Erkenntnisprozess, falls der überhaupt gewünscht ist, braucht niemand die Toleranz zu bemühen – es reicht, anzuerkennen, dass man selbst nicht automatisch recht hat, weil man auf der richtigen Seite zu stehen glaubt.

    • @sabado:

      "Das steht als Symbol für die Arroganz mancher Linker, für eine Haltung, die das ist, was sie immer den Rechten vorwirft: zutiefst antiintellektuell."

       

      Das, nehme ich an, dürfte dann ja wohl die unstrittige Faktenlage sein. Ne?

    • @sabado:

      "Wertungen dürfen erst beginnen, wenn die Faktenlage unstrittig ist"? Ja, dann...! ;-D

       

      Wie weit reicht eigentlich ein Horizont? Können wir Menschen wirklich alles wissen? Wenigstens über bestimmte Einzelthemen? Ich glaube nicht. Wer sich wirklich beschäftigt mit den Dingen und nicht nur mit Zitaten um sich wirft, der weiß: Die Komplexität unserer Welt ist einfach zu groß, als dass wir wirklich alle "Faktenlage[n]" auf die Reihe kriegen könnten, bevor wir werten. Wer selber denkt, der streitet ständig. Und zwar vor allem mit sich selbst.

       

      Annahmen zu treffen, ist überlebenswichtig für uns Menschen. Weil wir uns permanent entscheiden müssen und dafür eine Basis brauchen. Von Treibsand aus sind keine Sprünge möglich. Wer nicht auch sagen kann: "Das nehme ich mal an", der kann im Grunde gar nicht diskutieren. Er weiß ja nicht, was er zu meinen hat. Wie so jemand zu einer "unstrittig[en]" Faktenlage kommen will, ist mir ein echtes Rätsel.

       

      Der Bestätigungsfehler besteht nicht darin, Annahmen zu treffen. Der Bestätigungsfehler besteht darin, die Annahmen für wahr und abschließend zu halten. Wir machen uns nicht unbedingt bewusst, dass unsre Annahmen nur Lückenfüller sind. Wir lieben unsere Vor-Urteile. Zu sehr, als dass wir uns ganz leicht von ihnen trennen könnten, wenn sie sich in der Diskussion als falsch oder als nicht konsensfähig erweisen. Denn Vorurteile werden ziemlich gut bezahlt. Manchmal in Geld und manchmal auch in Sympathie bzw. Angstfreiheit.

       

      Dass "jeder Mensch durch selektive Wahrnehmung sein Weltbild zu festigen versucht", ist leicht zu erklären. So etwas stiftet halt Gemeinsamkeit. Es gibt dem Einzelnen ein wenig Sicherheit in einer Welt, in der es sonst vor allem unsicher zugeht. Was Wunder, dass vor allem solche Leute mit Vorurteilen kämpfen müssen, die ihre Fakten nur geliehen haben, nicht selbst erarbeitet. Rechts oder links? Ist da gar nicht die große Frage.