Syrien-Konferenz in Wien: Viele strittige Punkte
Binnen 18 Monaten soll sich Syrien eine neue Verfassung geben, so ein russisches Papier. Die syrische Opposition lehnt den Vorschlag ab.
Genf taz | Vor der nächsten Konferenz zur Beendigung des Syrienkonflikts am Samstag in Wien hat Russland als erster der am Konflikt beteiligten Staaten einen konkreten Vorschlag für eine politische Lösung unterbreitet. Der Vorschlag lässt die künftige Rolle von Präsident Baschar al-Assad offen und stieß daher bei syrischen Oppositionsgruppen sowie westlichen Regierungen umgehend auf Widerspruch.
Laut dem Vorschlag aus Moskau soll eine von Regierungs- und Oppositionsvertretern besetzte Verhandlungskommission innerhalb von maximal 18 Monaten den Entwurf für eine neue syrische Verfassung ausarbeiten, über die die wahlberechtigte Bevölkerung dann in einem Referendum zu entscheiden hätte. Nach Annahme der Verfassung sollen umgehend Präsidentschafts- und Parlamentswahlen stattfinden.
Welche Rolle Assad in der bis zu 18-monatigen Übergangsphase noch spielen soll und ob er bei den Präsidentschaftswahlen erneut antreten könnte, lässt der russische Vorschlag offen. In dem Dokument heißt es lediglich, al-Assad „wird nicht den Vorsitz der Verfassungskommission innehaben“. Vergeblich hat sich die Regierung unter Präsident Wladimir Putin bislang bemüht, Assad zu mehr Zugeständnissen sowie zu einem Verzicht auf eine erneute Präsidentschaftskandidatur zu bewegen.
Eine neuerliche Kandidatur oder irgendeine politische Rolle Assads nach künftigen Wahlen wird von sämtlichen syrischen Oppositionsgruppen sowie von den Regierungen der USA und anderer westlicher Staaten abgelehnt. Auch die an dem Konflikt beteiligten Staaten der Region – Saudi-Arabien, Türkei und Katar – lehnen dies geschlossen ab.
Wer darf teilnehmen?
Einige der innen-und außenpolitischen Gegner Assads verlangen darüber hinaus, dass Assad an den künftigen Verhandlungen zwischen Opposition und Regierung in keiner Weise teilnimmt. Manche von ihnen machen seinen Rücktritt sogar zur Vorbedingung für derartige Verhandlungen.
Neben der künftigen Rolle Assads wird bei der Wiener Konferenz auch umstritten sein, welche Oppositionsgruppen an Verhandlungen beteiligt werden sollen. Ein weiterer Streitpunkt ist, welche innersyrischen Konfliktparteien als „Terroristen“ eingestuft und von jeglichen Gesprächen über die Zukunft des Landes ausgeschlossen werden sollen.
Wer ist Terrorist?
Laut dem russischen Vorschlag müssen die zu beteiligenden Oppositionsvertreter das „gesamte Spektrum der syrischen Gesellschaft umfassen“, darunter Kräfte der Opposition im In- und Ausland. Anlässlich der letzten Wiener Syrien-Konferenz vor zwei Wochen hatte Moskau den Regierungen der USA und Saudi-Arabiens bereits konkrete Namenslisten überreicht.
Neben den Dschihadisten des Islamischen Staates (IS) sollen nach Moskauer Vorstellung auch „andere“, in dem Dokument nicht namentlich benannte Gruppen als „Terroristen“ eingestuft werden. Für diese Gruppen sollen auch künftige Waffenstillstandsvereinbarungen in Syrien nicht gelten. Dazu dürfte auch die Al-Nusra-Front gehören, der syrische Ableger von al-Qaida, den die US-Regierung zumindest zeitweise als potenziellen Verbündeten gegen den IS betrachtet und unterstützt hat.
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