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Kolumne German AngstNichts für ungut

Rassismus, Antisemitismus, Homophobie – den Deutschen kann man auf ihren Spezialgebieten nichts vormachen.

Hat selbst zugegeben, ein Rassist zu sein - aber auch das hat den ARD-Unterhaltungschef Schreiber nicht überzeugt. Foto: reuters

Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung weder Rassist noch homophob ist“, erklärte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber zur postwendenden Rücknahme von dessen Beförderung zum Vertreter Deutschlands beim ESC. „Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden.“

Keine Einsicht, aber eine Reaktion. Irgendwie erinnert das doch an andere C-Promis, die zuletzt aus dem Verkehr gezogen wurden. Die Welt trennte sich von Matthias Matussek – nachdem der völlig unvorhersehbar zum Rechtsaußen mutiert ist. Random House schmiss Akif Pirinçci raus, nachdem der zu oft die falsche PR-Arbeit gemacht hatte.

Die Verantwortlichen, jene, die das Elend verwalten und mit ihm ganz nebenher noch Geld machen, kneifen extra lang die Augen zu. Denn nur weil jemand ein menschenfeindliches Arschloch ist, ein Homophober, Rassist oder Antisemit, muss das ja nicht heißen, dass man nicht doch gern etwas von ihm lesen oder hören oder kaufen wollte!

Im Gegenteil. Die Stimmung ist halt so. Nur sagen möchte das niemand. Und so wird in der Elite der Ton rauer, an der Basis kann man von rechtem Terror sprechen. Jeden Tag ein neuer Anschlag, ein neues Feuer. Im brandenburgischen Jüterbog etwa explodierte am Wochenende eine Begegnungsstätte für Flüchtlinge. Rechtsradikaler Hintergrund? Der muss erst mal bewiesen werden. Genauso wie Naidoos bizarre Einstellungen. Textzeilen reichen dafür nicht.

Nur rein zufällig hatte die NPD in Jüterbog zuvor eine Demo angemeldet. Und zufällig hatte der Bürgermeister seine Bevölkerung gewarnt – Geflüchtete übertrügen Krankheiten. Rechtsaußen? Sicher nicht. Der Mann ist ja parteilos. Außerdem sagte er neulich ganz locker: „Ich kann inzwischen gut damit leben, als Rassist beschimpft zu werden.“ Jemand, der so was sagt, der kann unmöglich Rassist sein.

Naidoo immerhin hatte sich als Rassisten bezeichnet. Hat auch nichts geholfen. Den Deutschen kann man auf ihrem Spezialgebiet nichts vormachen. Und so bleibt es dabei: kein Rassismus, sondern Völkerverständigung. Kein Antisemitismus, sondern Globalisierungskritik.

Auch die EU wollte die Bürger schützen (wovor eigentlich?) und führte jüngst eine Kennzeichnungspflicht für Produkte aus den Siedlergebieten, Westjordanland, Ostjerusalem und den Golanhöhen ein. Nachdem seit Donnerstag in Israel sechs Menschen bei Anschlägen starben, weil sie Juden sind, und weitere schwer verletzt wurden, hatten hiesige Supermarktketten also nichts anderes zu tun, als israelische Waren aus dem Angebot zu nehmen. Zuletzt das Berliner KaDeWe.

Rein „technische Maßnahmen“. Klar. Warum Israel dann das einzige Land ist, das von der EU herausgegriffen wurde, obwohl es weltweit 200 solcher Territorien gibt? Mit Antisemitismus hat es sicher nichts zu tun. Und dennoch währte die Entscheidung zumindest des KaDeWe nicht lange. Schon nach drei Tagen und einigen Protesten entschuldigte sich das Warenhaus: Man habe die israelischen Waren zu voreilig aussortiert. Nichts für ungut.

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5 Kommentare

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  • Der Europäische Gerichtshof hat das Freihandelsabkommen zwischen Marokko und der EU verworfen, weil dieses Abkommen die besetzten Gebiete der Westsahara mit umfasst. Eine Grundsatzentscheidung, die das Selbstbestimmungsrecht der Saharauis ausdrücklich betont und sich demzufolge auf die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Marokko auswirken wird.

     

    Im Übrigen hatte das KaDeWe garnicht vor die Waren aus dem Regal zu nehmen - sie wurden nur zur Kennzeichnung (besetzte Gebiete) kurzfristig entfernt und nein das ist nicht antisemitisch.

  • Ach Gott (sic!), jetzt linkt ihr zu 'nem Interview von Naidoo, und da sagt er, was Millionen von Muslimen... sorry, Zigtausende von Islamisten... auch denken. Muss ich jetzt meine Meinung über ihn ändern, oder darf ich verfahren nach der Devise "Blindes Huhn"?

  • Wieso sollten das die Spezialgebiete der Deutschen sein?

    Ich frage mich, warum dieser pathologische nationale Selbsthass bei manchen Leuten immer noch derart ausgeprägt ist. Schauen Sie sich doch bitte mal um auf der Welt und zwar ganz gezielt in Bezug auf diese, von Ihnen bemühten Attribute. Ist es da irgendwo besser, toleranter?

    • @Wolf Boldt:

      Klar ist das etwas reißerisch "Spezialgebiet der Deutschen", aber bevor wir auf den Rest der Welt schauen, sollten wir auf unsere Fehler achten.

       

      Und wenn wir schon beim Reißerischen sind, nationaler Selbsthass ist nochmal was anderes als Kritik an Homophobie und Antisemitismus zu üben..

       

      Ich würde sagen der Artikel fordert vielmehr auf sich bewusst zu sein, dass Rassismus, Antisemitismus und Homophobie nicht nur von Rechts-außen kommt, sondern viel zu leicht toleriert wird! Wie kann jemand ein Land repräsentieren, wenn er sich selbst als Rassist bezeichnet (das schlimmste ist eigentlich, das Leute bei der ARD dachten es wäre ne gute Idee) und wenn es nur beim ESC ist.

      • @JoshJosh:

        Sie sollten vieleicht nicht nur die Überschrift lesen, sondern das ganze Interview, dann würden Sie ggf. erkennen können, dass das eine provozierende Ansage ist, auf die sich hier gestürzt wird.

        Zweifellos hat der Mann auch in meinen Augen teilweise total schräge Ansichten. Seine Stellungnahme zum Vorwurf der Homophobie klingt für mich jedoch absolut glaubhaft.

        Im Übrigen verkommen die obigen drei Attribute derzeit immer mehr zu Worthuren, deren Grenzen jeder für sich selbst so definiert, wie es im gerade passt, z.B. auch um seine persönlichen Einstellungen oder Handlungsweisen gegenüber Andersdenkenden, vor sich selbst zu rechtfertigen.