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Die WahrheitBundeswehr auf witzig

Kolumne
von Bernd Gieseking

Stillgestanden! Die Truppe wird 60. Zum Jubiläum wirbt die Armee mit flotten Sprüchen. Und kubistischen Plakaten. Und ganz ohne Kasernenhoftonfall.

G anz Deutschland ist olivgrün plakatiert. Die Werbeflächen sind beklebt mit der Bundeswehrkampagne „Was wirklich zählt.de“. Am Dortmunder Hauptbahnhof hängt überdimensional ein Transparent an einer Häuserwand. Jetzt weiß ich gar nicht, soll ich mich angesichts dieser mördermäßigen Präsenz sicher fühlen? Oder muss ich beunruhigt sein, dass eine solch massive Kampagne offenbar nötig ist?

Und die Bundeswehr kann sogar lustig: „Grünzeug ist auch gesund für deine Karriere.“ Und: „Wahre Stärke findest du nicht zwischen zwei Hanteln.“ Ja, wie jetzt? Wo denn dann? Zwischen zwei G 36? Ich denke, die treffen nicht. Wobei man in anderen Ländern ja zufrieden zu sein scheint, aber die nehmen es vielleicht auch nicht so genau.

Worum geht es jetzt bei den Plakaten? Ums Image oder um Rekruten? Es gibt die Motive auch „für umme“ als T-Shirts. 10.000 Leibchen wurden per Netz verschenkt und waren angeblich innerhalb von Stunden weg. Erhältlich in den Größen S bis XXL. In der Größe S? Wir haben so kleine Soldaten?

30.000 Plakatwände sind gebucht, 5 Millionen Postkarten verteilt. Ein Millionenetat! 2014 lag der Werbeetat der Bundeswehr schon bei fast 30 Mil­lio­nen Euro, 2015 wurden 35,3 Millionen eingeplant.

Aber warum muss die Bundeswehr gleich wieder die Friedensaktivisten dissen? „Krisenherde löschst du nicht mit Abwarten und Teetrinken.“ Und das Schlimmste ist: Ganz falsch ist das ja nicht. Darum zeigen uns nun die Kommunikationsexperten der Bundeswehr mal, wo die Kalaschnikow hängt: „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst.“ Die verzichten sogar auf das Ausrufungszeichen! Also, wenn das keine Diplomatie ist! Wenn das kein Laisser-faire ist! Wenn das keine Toleranz ist! Was soll denn dann noch tolerant sein!? Womöglich wird man auf dem Kasernenhof nicht mal mehr zusammengeschissen?

In künstlerischer Hinsicht ist das Tarnfarbenmotiv, das den Schriftzügen unterlegt wurde, auch nicht organisch-blättrig in glattem Schwarz-Grün-Oliv gehalten, sondern besitzt eine moderne Faltstruktur. Es ist eine Art militärischer Kubismus. Als ob Pablo Picasso und Georges Braque für die Bundeswehr in den Schützengraben der Reklame gestiegen wären.

Aber was ist das denn nun? Werbung oder Geburtstagsfeier? Denn dieser beispiellose Werbefeldzug marschiert auf zum 60. Jubiläum der Bundeswehr. Es ist selbstverständlich Werbung. Weil keiner mehr zum Bund will. Weil zu Guttenberg die Wehrpflicht abgeschafft hat. Nur weil er in die Geschichtsbücher wollte. Und diesen Geschichtsbucheintrag zahlen wir mit 35 Millionen Euro Reklamekosten jährlich.

Da kann sogar die taz einen Happen von gebrauchen und lässt die Truppe werben. Schließlich gehört die taz ebenfalls inzwischen zur kollektiven Geschichte der Deutschen, und deshalb heißt es im Anzeigentext der Bundeswehr: „Bei uns geht es ums Weiterkommen, nicht nur ums Stillstehen.“ Eigentlich ein echter taz-Slogan!

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2 Kommentare

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  • komisch find ich. dass geraDE Leute, die dauernd vom Frieden reden, plotzlch ihr Herz für die BW enddecken, naja sicher gibts bald Merkel, vd Leyen oder Gauck Kasernen!

  • Es geht nicht "ums Image ODER um Rekruten". Es geht sowohl, als auch. Es geht darum, junge Menschen zu (ver-)führen, in dem man ihnen nur die eine, die glänzende Seite einer Medaille zeigt, die andere hingegen, die, die nicht so schön ist, unterschlägt.

     

    Bei Leuten, die nicht selber denken (wollen), soll so was manchmal funktionieren, habe ich gehört. In sofern muss es nicht beunruhigen, wenn als Werbeetat der Bundeswehr für 2015 schlappe 35,3 Millionen eingeplant werden mussten. Zumindest nicht die unter uns, die nicht im Ernstfall lieber sterben LASSEN wollen als selbst etwas zu riskieren.