: 18-jährige Abiturientin verfolgt und erwürgt
Prozess Der Angeklagte weist vor dem Landgericht den Vorwurf des Sexualmordes zurück
Am 16. Mai kam sie von einer Geburtstagsfeier. Er kehrte gerade aus den Schlachten zurück, die sich auf dem Computerbildschirm ereignet hatten. Immer wieder hatte er als Offizier seines Clans versucht, mit Panzern die gegnerischen Basen einzunehmen – ohne nennenswerten Erfolg. Emotional aufgewühlt „von dem Gemecker“ seiner Mitkämpfer lief er durch die Straßen Lichtenbergs, bis er an der Frankfurter Allee eine zierliche Frau sah. Sie ähnelte seiner Ex, von der er sich vor einem halben Jahr getrennt hatte, sie war ihm untreu geworden.
Vor dem Landgericht sagte Daniel G. am Donnerstag: „Ich bin ihr hinterher, ich wollte sie kennenlernen. Aber ich habe meinen Mut nicht zusammengekriegt.“ Die Anklage gegen den 31-Jährigen beschreibt einen heimtückischen, sexuell motivierten Verdeckungsmord: Auf einem dunklen Weg, den die 18-jährige Johanna K. vom U-Bahnhof Kaulsdorf zu ihrem Elternhaus benutzen musste, verfolgte der Täter sein Opfer, schlich sich an, umklammerte den Hals der jungen Frau mit dem Unterarm und fiel mit ihr die Böschung hinunter auf eine Grasfläche, wo er seinem Opfer die Strumpfhose zerriss, es zu vergewaltigen versuchte und letztlich erwürgte.
Diese Tatrekonstruktion ist der Extrakt aus den drei Vernehmungen, in denen David G. zunächst angegeben hatte, dass er sich auf den Fahndungsbildern erkannt hätte, aber nichts mit dem Tod der Abiturientin zu tun habe, bis er nach und nach den Mord gestand.
Am Donnerstag erklärte er das von ihm unterschriebene Vernehmungsprotokoll zu Makulatur. Immer wieder sagte der Mann ohne Schul- und Berufsabschluss: „Ich wollte sie nicht vergewaltigen. Es war blöd, dass ich von hinten rangegangen bin, hätte ich anders machen sollen. Ich habe sie leicht an der Schulter berührt. Sie hat sich erschrocken und meinen Arm festgehalten. Wir sind die Böschung runtergerutscht. Ich lag auf ihrem Oberkörper. Ich kam nicht hoch, weil ich so erschrocken war. Ich wollte mich aufstützen. Dabei muss ich den Hals erwischt haben.“
Richter Ralph Ehestädt holt sich den Mann mit der Brille und den weichen Gesichtszügen direkt vor seinen Tisch und konfrontiert ihn geduldig mit alldem, was gegen diese Unfallversion spricht: Die Würgemale, die nur mit zwei Händen erzeugt worden sein können, der mit dem Cuttermesser von G. aufgeschnittene Slip des Opfers, die bei ihm gefundenen Pornos, auf denen Frauen in zerrissenen Strumpfhosen posieren. Lediglich die Frage, ob er die junge Frau im Genitalbereich berührt habe, beantwortet der Angeklagte mit: „Kann sein.“ Alles andere sei keine Absicht gewesen. Uta Eisenhardt
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