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JagdtriebAdelsfamilie hält sich nicht ans Gesetz

In Schleswig-Holstein dürfen Wildtiere seit Oktober 2014 nicht mehr in eingezäunten Gattern gehalten und geschossen werden. Familie von Bismarck hält sich aber nicht daran.

Tradition auch abseits von Bismarcks Jagdgatter: Hier stoßen die Männer in Aukrug-Homfeld in ihre Jagdhörner. Foto: Carsten Rehder/dpa

REINBEK taz | Im Sachsenwald, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Schleswig-Holsteins, betreibt die Familie von Bismarck ein Jagdgatter – dem Verbot zum Trotz. Spätestens seit vergangenem Jahr dürfen Grundbesitzer im Land keine Wildtiere mehr einzäunen und füttern, um sie dann dort einfacher abschießen zu können als in freier Wildbahn. Ausnahmen sieht das Jagdgesetz nicht vor. Trotzdem geht Familienoberhaupt Gregor Graf von Bismarck davon aus, sein Wildgatter „rechtmäßig und erlaubt“ zu betreiben. „Wir haben uns entschlossen, die Frage, ob wir verpflichtet sind, das Gatter zu schließen, gerichtlich klären zu lassen“, sagte von Bismarck der Deutschen Presseagentur. Mit der taz wollte von Bismarck nicht sprechen.

Das Landwirtschaftsministerium geht davon aus, dass die Adelsfamilie und zwei weitere Eigentümer von Jagdgattern in Schleswig-Holstein eine Ordnungswidrigkeit begehen. Darauf steht eine Geldbuße. „Wer heute noch Jagdgatter hat, ist im Zeitalter des Feudalismus steckengeblieben“, kritisierte Minister Robert Habeck (Grüne). Mit einer modernen und naturnahen Jagd habe diese Haltungsform nichts zu tun. „Jagdgatter gehören aufgelöst, das ist seit mehr als 15 Jahren klar und Gesetz“, sagte Habeck.

Von Bismarck bewertet das Gesetz hingegen als „rechtswidrigen Eingriff“ in sein Eigentum. Das Wildgatter sei seit rund 140 Jahren in Familienbesitz. Im Jahr 1871 schenkte Kaiser Wilhelm I. dem Reichskanzler Otto von Bismarck den Sachsenwald. Durch das Jagdgatter-Verbot sei eine erhebliche Anzahl von Arbeitsplätzen gefährdet, sagte von Bismarck. Zudem werde durch die Jagd in den Gattern die Gastronomie im Sachsenwald mit Wildfleisch versorgt. Gegen die Aufforderung der Jagdbehörde im Kreis Herzogtum Lauenburg, das Gatter aufzulösen, legte von Bismarck Widerspruch ein.

Die Argumente der von Bismarcks werden nun geprüft, sagte eine Sprecherin des Kreis Herzogtum Lauenburgs. „Das wird nicht einfach abgebügelt.“ Sollte der Widerspruch dennoch zurückgewiesen werden, könnte der Betreiber im nächsten Schritt klagen.

So will es das Gesetz

Das schleswig-holsteinische Landesjagdgesetz verbietet schon seit dem Jahr 1999, Areale zum Zwecke der Jagd oder Hege einzuzäunen.

Die Besitzer schon vorhandener und genehmigter Jagdgatter bekamen 15 Jahre lang, bis zum 28. Oktober 2014, Zeit, den Zaun um ihr Jagdgebiet abzureißen.

Der Gesetzgeber ging bereits in den 90er-Jahren davon aus, dass Wildhaltung in einem Gatter, in dem mehr Tiere als in freier Wildbahn zusammen leben und gefüttert werden, nicht artgerecht ist.

Tobias Langguth, Naturschutzreferent des BUND in Schleswig-Holstein, kritisiert, dass die von Bismarcks an ihrem Jagdgatter festhalten. Es wirke, als erwarte die Familie eine Sonderbehandlung vor dem Gesetz und das sei „einer Republik nicht angemessen“.

Langguth hält das Verbot für richtig. Heute diene die Jagd nicht mehr dem Zweck, Trophäen zu schießen und dem persönlichen Vergnügen zu frönen, sondern sei ein Instrument des Wald- und Naturschutzes. „Ein notwendiges Übel“, sagt Langguth. Gerade jetzt säßen viele erfahrene Jäger frierend auf den Hochsitzen und warteten darauf, dass eine Gruppe Rehe oder Wildschweine vorbeikomme. Spaß mache das nicht, sagt Langguth.

Doch darum gehe es bei der Jagd im Gatter. „Sie sind dazu da, dass Jagdgäste auf jeden Fall einen Abschuss bekommen“, sagt er. Der begrenzte Raum setze die Tiere jedoch unnötigem Druck aus. „Sie können nicht fliehen. Im Zweifelsfall rennen sie in ihrer Panik in einen Zaun.“

Auch in Niedersachsen gab es Konflikte um ein Jagdgatter in Lüdersburg im Kreis Lüneburg. Dort hatten die Betreiber jedes Frühjahr 2.000 bis 4.000 Enten ausgesetzt, die im Herbst von zahlender Kundschaft geschossen wurden. Wasserproben des niedersächsischen Landesbetriebs für Wasser, Küsten und Naturschutz ergaben dann, dass die Wasserqualität der Ententeiche der ungeklärter häuslicher Abwässern gleicht. Das Verwaltungsgericht Lüneburg verbot daraufhin das Aussetzen der Enten.

Doch im Juni kassierte das Oberverwaltungsgericht diese Entscheidung wieder. Der Landkreis durfte kein Totalverbot gegen die Betreiber aussprechen, sondern hätte eine verträgliche Anzahl der Enten auf dem Gebiet vorschreiben müssen.

Die zwei letzten niedersächsischen Jagdgatter in Lüdersburg und Springe genießen Bestandsschutz. Neue Gatter dürfen seit 2002 nicht mehr gebaut werden. Ein umfängliches Verbot wie in Schleswig-Holstein gibt es trotz der Kritik von Umwelt- und Tierschutzverbänden nicht. Auch Gatterbetreiber von Bismarck kennt die Kritik: „Aber es gibt eine große Anzahl von Jägern, die unser Angebot sehr schätzen.“

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8 Kommentare

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  • na ja. jagdgatter haben nix mit naturgemäßer jagd zu tun. schon wahr.

     

    allerdings ist es im naturpark bayerischer wald seit jahren üblich, das rotwild in wintergatter zu treiben und dort abzuschießen. mit natur hat das auch wenig zu tun.

     

    so unzeitgemäß die familie bismarck hier agiert, so muss man auch sagen: gleiches recht für alle.

  • Es gibt ein Gesetz.

    Seit 1999.

    Mit Übergangsfrist bis 2014.

    Jetzt, nachdem genügend Zeit für die Betroffenen vorgegeben war, auf Bestandsschutz zu klagen, jetzt erheben sie ihre Stimme !

    Zu spät, Freunde.

    Eure Widerspruchsfrist ist um !

    Oder war im Gesetz keine entsprechende Regelung vorgesehen ?

     

    Murks !!!

  • Einkommensstarke quer durch alle Berufsgruppen lassen für eine, auch durchfrorene, Nacht auf dem Hochstand ohne Zögern Sekt und Kaviar im beheizten Gemach stehen, weil Waffen so ein herrliches Spielzeug sind und Töten doch einfach zu schön ist.

    Und dass der Adel immer noch Sonderprivilegien aus alten Feudalzeiten genießt, haben deren Nachfahren in aller Regel der Skrupellosigkeit ihrer Altvorderen zu verdanken. In spätestens zwei Generationen wurde nämlich vor Jahrhunderten aus Unrecht wie z. B. widerrechtlicher Aneignung ganzer Landstriche, vom Gesetz geschütztes Eigentum.

    Durch Jahrhunderte vererbt wurde außerdem neben unerschöpflichem Dünkel wohl auch ein weiteres spezifisches Selbstverständnis: Gesetze, egal ob geschrieben oder nicht, gelten nur für das einfache Volk; der Adel akzeptiert diese huldvoll und nach Gusto.

    Sollte jemand jedoch den Irrwitz besitzen, unbequeme Forderungen zu stellen und an die Gleichheit vor dem Gesetz zu erinnern, wird mit den ansehnlichen Zins- und sonstigen Pfennigen aus Jahrhunderten Widerrrecht im Rücken gegen lästige Rechtszustände geklagt.

    Die Rechnung dafür - nach Möglichkeit an den Staat, immerhin verschuldet der ja solche himmelschreienden Ungereimtheiten

  • Wie kann man denn was verschenken, was einem nicht gehört? Wenn Hans jetzt mein Fahrrad klaut und es Uta schenkt, so wäre es doch immer noch mein Eigentum. Der Sachsenwald kann nicht den Bismarcks gehören, weil er wenn überhaupt, allen gehört.

     

    Abgesehen davon ist es zwar nicht mehr so sichtbar, aber immer noch hat der Adel in Deutschland Sonderrechte und "Besitz" ohne Ende. Ein großer Abschnitt der Ostseeküste nahe Plön z. B. gehört einem Grafen, der damit machen kann, wozu er lustig ist.

     

    Und ja offensichtlich auch zum eigenen Vergnügen fluchtunfähige Lebewesen töten -hach, muß das Leben des Adels herrlich sein! Da wundert es doch, wenn die Hälfte der Familie für Alkis und die andere Hälfte für durchgeknallt gehalten wird, oder.

    • @Wu:

      ähm? naürlich gehört der sachsenwald jemandem. der wald der keinem genört, gehört dem staat.

       

      das adlige immer noch große besitztümer haben, liegt an der spd... https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrstenenteignung

      • @Worst Case:

        Aha...und wer legt die Besitzrechte an Grund und Boden fest? Wem gehört Nordamerika? Den indigenen Menschen, die dort lange lebten, oder den Einwanderern, die Erstere plattgemacht haben?

         

        Und was bedeutet es bitte, wenn etwas "dem Staat" gehört, der letzlich Sie, ich und alle anderen Bürger auch sind?

         

        Man kann es sich aber auch einfach machen, nen Zaun ziehen und sagen: Das ist jetzt deins. Ist auch sehr viel weniger anstrengend so, das Leben.

        • @Wu:

          abgesehen von diesen interessanten philosophischen überlegungen gibt es ein katasteramt. dort werden alle besitze am boden aufgelistet. so etwas gibt es auch in den usa. das staatliche gewaltmonopol setzt diese besitzansprüche durch.

           

          somit ist das eine durchaus ernst zu nehmende entität.

  • An anderen Orten finden findige Jagd-Junkies quasi-legale Tricks, das Jagdgatterverbot zu umgehen, z.B. beim ehemaligen Munitionsdepot Brüggen-Bracht, zeitweise das größte Munitionsdepot Europas, heute offiziell Naturschutzgebiet, inoffiziell Jagdgatter, da noch komplett militärisch eingezäunt.

     

    Für Besucher sind nur wenige Wege erlaubt, der Rest ist als Ruhezone fürs Wild ausgeschildert. Tatsächlich wird hier in riesigem Ausmaß gekirrt und gefüttert, der Wildbestand ist mehr als 6x so hoch wie in den offenen Wäldern ringsum und steigt weiter, da es gegen die Öffnung des Zauns Widerstände von Landwirten und Jagdpächtern gibt.