Abriss statt Unterkunft: Wo es Platz zum Schlafen gäbe
Ein Bettenhaus und ein weiteres Gebäude der Maria-Hilf-Klinik in Harburg wird abgerissen. Grüne und Bezirksamtsleiter hätten es gern für Flüchtlinge genutzt.
Auf der Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge greifen Bezirkspolitiker inzwischen nach jedem Strohalm: Die Grüne-Fraktions-Chefin in Harburg, Britta Herrmann, beantragt jetzt ein über zehn Jahre leer stehendes Einkaufszentrum in der Harburger City zu nutzen. Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) möge dieses Gebäude doch der Innenbehörde „zur Prüfung einer Beschlagnahmung“ vorschlagen, so ihr Antrag für die nächste Bezirksversammlung.
Dass der keine Mehrheit bekommen wird, das hat die im Bezirk regierende SPD-CDU-Koalition über die Lokalpresse bereits verlauten lassen. Denn Beschlagnahmung sei nur das allerletzte Mittel, vorher müsste man alle Optionen, wie etwa Sporthallen, nutzen.
Ende März, als Hamburg noch voraussichtlich 5.500 zusätzliche Plätze für Flüchtlinge benötigte, hatte die Grüne schon mal einen ungewöhnlichen Vorstoß gestartet. Denn es war absehbar, dass die zur Heilos-Gruppe gehörende „Maria-Hilf“-Klinik am Rande des Harburger Waldes im Sommer in einen kompakten Klinikneubau umzieht. Bis auf eine ehemalige Villa und ein Verwaltungshaus sollten die alten Gebäude abgerissen werden, schrieb das Abendblatt. Darunter ein Bettenhaus, das wie ein weißer Turm am Hang steht.
„Das Haus wäre perfekt geeignet“, sagt Herrmann. „Es hat Zimmer, Gemeinschaftsräume und Sanitärräume.“ Es könnte Ausweichquartier für Frauen und Kinder sein, die in der Zentralen Erstaufnahme Schwarzenbergstraße in Zelten leben.
Hamburg hat von Januar bis September 35.021 Schutzsuchende aufgenommen. 12.111 bleiben in Hamburg und haben Unterbringungsbedarf. Im Jahr 2014 waren dies 5.985 Menschen, 2013 3.001.
Im Oktober verfügte Hamburg über 30.000 Unterbringungsplätze an rund 100 Standorten. Bis Jahresende sollen 10.750 Plätze an 40 neuen oder bestehenden Standorten hinzu kommen.
Der Bezirk Harburg bietet gegenwärtig Platz für 3.625 Menschen in 14 Unterkünften. Die größte ist die Erstaufnahme Schwarzenbergstraße mit 750 Menschen. Geplant sind vier weitere Unterkünfte mit Modulhäusern und Pavillons – darunter das Quartier „Am Aschland“ mit 3.000 Plätzen in Neugraben.
Doch das Gelände solle nach dem Abriss mit Bäumen bepflanzt werden, berichten die Grünen. Dies sei bei der Planung des Neubaus vereinbart worden, weil für diesen Buchen gefällt wurden. „Die Neubepflanzung könnte verschoben werden“, findet Herrmann. Die Flüchtlinge seien im Moment wichtiger.
Doch Herrmanns Antrag, man möge Bezirksamtsleiter Thomas Völsch beauftragen, mit Hilfe der beteiligten Fachbehörden bei der Helios Klinik eine Nutzung für Flüchtlinge durchzusetzen, wurde im Frühjahr von CDU und SPD abgelehnt.
Dabei war Völsch wohl für diesen Plan. „Das Thema ist durchgeprüft“, sagt seine Sprecherin Bettina Maak. „Sie möchten es nicht.“ Mit „sie“ ist die Klinik gemeint. Der Bezirkschef habe bei der Klinik vorgesprochen, sei aber ziemlich schroff abgeblitzt, berichtete seinerzeit die Internetzeitung harburg-aktuell.
Inzwischen hat sich die Lage verschärft, Hamburg hat über 30.000 Schutzsuchende aufgenommen (siehe Kasten). Fragt man bei den Helios-Kliniken nach, gibt es ein schriftliches Statement. „Wir verstehen Flüchlingsunterbringung als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Allerdings könne man „wegen des schlechten baulichen und versorgungstechnischen Zustands der Gebäude“ sowie einer bereits geplanten neuen Nutzung „eine Bereitstellung der Stadt leider nicht gewährleisten“. Auf Nachfrage räumt eine Sprecherin ein, dass für die Gebäude A und F im nächsten Jahr der Abriss geplant ist.
„Maria Hilf hilft nicht“, sagt Britta Hermann. Sie sieht Krankenhäuser, die für ihre Bauten auch Zuschüsse von der Stadt bekommen, in einer besonderen Pflicht. So hat denn auch die benachbarte Asklepios-Klinik in Harburg zwei Etagen in einem ehemaligen Bettenhaus freigeräumt und Platz für bis zu 90 Flüchtlinge geschaffen.
Die Gruppe der Helios-Kliniken-GmbH hat über 80 Akut-Krankenhäuser. „Viele Kliniken sind in die medizinische Versorgung von Flüchtlingen eingestiegen“, berichtet ein Sprecher von der Berliner Zentrale. Ärzte gäben Sprechstunden, Kliniken organisierten Spenden oder Mitarbeiter arbeiteten ehrenamtlich. „Das Engagement überlassen wird den Klinken vor Ort.“
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