: Unterm Korb sind alle gleich
Rollstuhlbasketball Lange schon trainieren Männer und Frauen in Hamburg-Wilhelmsburg zusammen, um Meisterschaft und Pokal zu gewinnen. Seit dieser Saison sind sie eines der Top-Teams des HSV
von Larissa Robitzsch
Der türkische Nationalspieler Bestami Boz kommt in seinem Rollstuhl angerollt. Er ist pünktlich zum Wurftraining seines neuen Teams, den BG Baskets Hamburg, in der Inselparkhalle in Wilhelmsburg. Seit drei Jahren trainieren Männer und Frauen hier zusammen, um die Meisterschaft und den Pokal im Rollstuhlbasketball zu gewinnen. Seit dieser Saison sind sie eines der Top-Teams des Hamburger Sportvereins HSV.
Vor drei Jahren haben wir angefangen etwas Professionelles aufzubauen“, sagt Trainer Holger Glinicki. Er wurde in der vergangenen Saison bereits mit seinem Team Vizepokalsieger.
Beim Rollstuhlbasketball hängen die Körbe gleich hoch, das Spielfeld ist gleich groß und die Spieldauer unterscheidet sich auch nicht. „Den einzigen Unterschied gibt es bei den Foul-Regeln. Neben den klassischen Fouls gibt es „Rollstuhl-Fouls“, die an den Rollstuhlgebrauch angepasst sind“, erklärt Glinicki.
Außerdem gibt es ein Klassifizierungssystem, dass die SpielerInnen je nach Stärke der Behinderung auf einer Skala von 1,0 – 4,5 einordnet. 1,0 ist zum Beispiel eine hohe Querschnittslähmung und 4,5 gilt für Nicht- oder Minimalbehinderte. Insgesamt darf die Punktzahl der auf dem Feld spielenden BasketballerInnen 14,5 nicht überschreiten.
Frauen bekommen einen Bonus von 1,5 Punkten. „Ich finde das System fair, weil es insgesamt weniger Frauen gibt, die Rollstuhlbasketball spielen“, sagt Annika Zeyen. Sie spielt seit drei Jahren bei den BG Baskets. Das Team ist gemischt. Denn Rollstuhlbasketball ist gleich mehrfach inklusiv: Frauen und Männer mit und ohne Behinderung spielen zusammen, Alter und Nationalität sind egal. Das gilt zumindest für den Ligasport.
Zeyen spielt gerne mit Männern zusammen, auch wenn es nicht immer ganz einfach sei, sich durchzusetzen, sagt sie. „Besonders am Anfang ist die Hemmschwelle hoch, aber heute betrachte ich es als Chance, weil das Niveau ein anderes ist“, sagt die 30-Jährige, die auch noch im Damenteam der BG Baskets in der Regionalliga mitspielt.
In der Bundesliga gebe es nur wenige Teams, die eine Frau in der Starting Five haben. Bei den BG Baskets spielen gleich zwei Frauen aktiv in dem insgesamt 12-köpfigen Kader. Einen Neuzugang soll es noch geben.
Zeyen spielt seit 16 Jahren Rollstuhlbasketball. Mit 14 hatte sie einen Reitunfall. In der Reha lernte sie den Sport kennen und blieb dabei. Heute ist sie mehrfache deutsche Meisterin und Pokalsiegerin. Dieses Jahr gewann sie außerdem mit der deutschen Damennationalmannschaft die Europameisterschaft.
Wenn es um internationale Wettkämpfe geht, gelten schärfere Regeln. „Für die Paralympics müssen die TeilnehmerInnen eine Minimalbehinderung haben. Das kann beispielweise schon ein mehrfacher Kreuzbandriss sein“, erklärt BG Baskets Pressesprecher Sven Labenz.
Das Hamburger Team ist international aufgestellt. In dieser Saison kamen der Schweizer Philipp Häfeli, der Lette Karlis Gabranovs und der türkische Nationalspieler Bestami Boz dazu. Mit Neuzugang Boz möchten die BG Baskets auch in Hamburgs türkischer Community für ihren Sport werben. „Wir werden in türkische Cafes und Restaurants in Wilhelmsburg gehen, um uns ein Stammpublikum aufzubauen“, sagt Trainer Glinicki. „Wir wollen ein Teil von Wilhelmsburg werden“. Das Team startet in die zweite Saison in der Sporthalle im Inselpark, die sie sich mit den Basketballclubs Hamburg Towers und den Piraten Hamburg teilen. 300 ZuschauerInnen kommen im Schnitt zu den Heimspielen – es sollen noch mehr werden.
Die Saison beginnt für Trainer Holger Glinicki eigentlich erst mit dem Spiel gegen RBC Köln 99ers am 24. Oktober. Dann ist sein aktuelles Team komplett. Die beiden Japaner Reo Fujimoto und Hiroaki Kozai kehren erst in dieser Woche von der Asienmeisterschaft in Tokio zurück.
Für die bevorstehende Saison hat der Trainer der BG Baskets Hamburg große Erwartungen: „Unser Saisonziel ist es in die Play-Offs und unter die besten vier Teams der Liga zu kommen“, sagt er. Annika möchte in der Saison vorne mitmischen: „Wir wollen die starken Teams ärgern und ihnen hoffentlich die ein oder andere überraschende Niederlage bescheren.“
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