Jugend und Arbeitslosigkeit: Alles unter einem Dach
Mit großem Aufgebot an Politprominenz eröffnen in vier Berliner Bezirken die ersten „Jugendberufsagenturen“, die Unter-25-Jährigen besser als bisher helfen sollen.
Durch den Regen huschen von ihren Limousinen gleich drei Senatsmitglieder, später wird noch eine Bundesministerin an dem Bürogebäude im Tempelhofer Süden vorfahren. Nicht immer bürgt Prominenz für inhaltliche Schwere, aber an diesem Donnerstagmittag soll das anders sein: Die Minister, dazu Chefs von Gewerkschaften und Verbänden, sind da, um den ultimativen Versuch zu starten, Arbeitslosigkeit bei unter 25-Jährigen zu tilgen. Denn nichts weniger ist das Ziel der vier neuen „Jugendberufsagenturen“, die es nun auch in Spandau, Friedrichshain-Kreuzberg und Marzahn-Hellersdorf gibt. Weitere in den übrigen acht Bezirken sollen 2016 folgen.
Rund 190.000 Arbeitslose habe Berlin trotz sinkenden Zahlen noch, zählt Regierungschef Michael Müller (SPD) vor, 14.000 davon seien unter 25 Jahren – es ist mit rund zehn Prozent die zweithöchste Quote aller Bundesländer. Ein „Rundum-Sorglos-Paket“ nennt Müller das, was die neue Agentur liefern will. Unter einem Dach sollen sich vier Einrichtungen individuell um jeden Jugendlichen kümmern: die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Jugendhilfe und die jeweiligen Bezirks- und Senatsstellen.
Der Experte nebenan
In einer Zeit, die suggeriert, alles lasse sich online erledigen, setzt das neue Modell auf körperliche Nähe. Es soll nicht nur eine helfende Stelle zum Anfassen geben, sondern möglichst gleich nebenan weitere Experten, die sich wiederum direkt absprechen können. Seine Fraktion unterstütze den Ansatz, ist auch vom Grünen-Abgeordneten Ajibola Olalowo zu hören, der die Eröffnung wie der Piratenabgeordnete Alexander Spies mitverfolgt. Die Regionalchefin der Arbeitsagentur berichtet, mancher Jugendliche, den man bislang zu einer anderen Behörde geschickt habe, sei dort nie angekommen, auch wenn die nicht weit weg war – weil vielleicht von einem Handyanruf abgelenkt .
Das klingt fremd in einem Raum, in dem dicht an dicht Menschen mit festen Jobs und Hochschulabschlüssen stehen. Es sind die ganz praktischen Verbesserungen durch kurze Wege und kompakte Betreuung, die alle betonen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles erzählt von ihrer Zeit im Kreistag in ihrer Eifeler Heimat, wo sie mit einem Jugendlichen zu tun hatte, um den sich sieben unterschiedliche Leute gekümmert hätten – „die hat der dann alle gegeneinander ausgespielt“.
Das ist zwar nicht gerade das Bild, das ihre Vorredner gemalt haben – die skizzieren wie Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) eher von Problemen gebeutelte Jugendliche, „die einfach eine zweite, eine dritte Chance brauchen.“ Nahles will letztlich auf dasselbe hinaus: Dass bisher „zu viele Menschen an der Schwelle zwischen Schule und Beruf stolpern“. Sieben Prozent würden in Berlin ohne Schulabschluss abgehen, war eingangs zu hören.
Als ob er sein Wort vom „Rundum-sorglos-Paket“ etwas relativieren will, nimmt Regierungschef Müller die Zielgruppe der neuen Behörde auch in die Pflicht: Jeder soll Unterstützung bekommen, „aber jeder muss auch was tun.“
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