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Aufarbeitung von DieselgateVW-Kungelei nervt Brüssel

Umweltministerin Hendricks fordert schärfere Kontrollen, doch ansonsten steht Berlin auf der Bremse. Das sorgt in der EU für Kopfschütteln.

So transparent wie in der „Gläsernen Manufaktur“ zeigt sich VW höchst ungern. Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Der VW-Diesel-Skandal führt nun auch zu Spannungen bei der Europäischen Union in Brüssel. Die EU-Kommission ist verärgert, dass Informationen über das Ausmaß des Skandals nur tröpfchenweise durchsickern. Und im EU-Ministerrat sorgt die deutsche Blockade bei der Debatte über schärfere Abgaskontrollen für Kopfschütteln.

Wenn man den Deutschen zuhöre, könne man meinen, dass es den VW-Skandal nie gegeben habe, schimpfen Vertreter anderer EU-Staaten. Denn obwohl die Zeit drängt, habe sich die Bundesregierung immer noch nicht auf eine klare Haltung festgelegt. Gemeint ist der Vorschlag der EU-Kommission, die Abgasmessung künftig nicht nur im Labor, sondern auch unter realen Fahrbedingungen durchzuführen.

Nach dem Vorschlag der EU-Behörde sollen die Hersteller von September 2017 bis September 2019 unter realen Fahrbedingungen 60 Prozent mehr ausstoßen dürfen als zulässig. Bisher klafft zwischen den erlaubten Höchstgrenzen und dem realen Ausstoß oft eine Lücke von bis zu 400 Prozent. Diese Kluft will die Kommission nach und nach schließen.

Doch Berlin steht eisern auf der Bremse. In einer ersten internen Aussprache habe Deutschland sogar weniger strenge EU-Vorgaben gefordert, heißt es in Brüssel. Deutsche Experten weisen das zwar zurück, ein Diplomat bestätigte jedoch, dass sich Deutschland noch nicht auf ein Ja oder Nein festgelegt habe. Bisher unterstützt nur das Bundesumweltministerium den EU-Vorschlag; Wirtschafts- und Verkehrsministerium zögern noch.

Hersteller sollen für Zulassung zahlen

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) fordert, dass es bei der Zulassung von Dieselfahrzeugen künftig nicht nur zusätzliche Stichproben auf der Straße geben soll, sondern dass die Hersteller für diese auch zahlen: „Die dafür notwendigen Kosten soll die Industrie selber übernehmen“, schrieb Hendricks in einem Papier, aus dem die Süddeutsche Zeitung zitierte. Dies sei bei industriellen Anlagen ebenfalls so. Der Dieselantrieb habe nur dann eine Zukunft, wenn die Industrie beweist, dass sie ihn wirklich sauber bekommt, so die SPD-Politikerin.

Das sieht man auch in Brüssel so. Deutschland müsse schnell Farbe bekennen, heißt es im Ministerrat. Denn schon am 28. Oktober sollen die EU-Staaten über die neuen Grenzwerte und die Übergangsperiode abstimmen. Eine vorläufige Festlegung wird sogar bis zum Ende dieser Woche erwartet.

Dass sich Berlin so schwertut, führen viele auf die harte Haltung der Autolobby zurück. Die Hersteller fordern lange Übergangsfristen und viel Toleranz für Abweichungen von den offiziellen Grenzwerten. In einer Übergangszeit von 2017 bis 2019 fordern die Lobbyisten sogar 270 Prozent höhere Werte ein, meldet Die Welt unter Berufung auf interne Positionspapiere.

Das „Dieselgate“ bei VW hat die Industrievertreter offenbar nicht erschüttert – dabei werden immer noch neue Details des Skandals bekannt. Mindestens 30 Manager seien am Betrug beteiligt gewesen, berichtete der Spiegel am Mittwoch unter Berufung auf Ermittlungen der US-Anwaltskanzlei Jones Day. VW-Chef Matthias Müller hatte vergangene Woche erklärt, dass „nur wenige Mitarbeiter“ beteiligt gewesen seien. Den Spiegel-Bericht wies der Konzern am Mittwoch zurück.

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3 Kommentare

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  • Naja, ein Gutes hat das Ganze schon. Jetzt weiss auch der geneigte Bürger, wer ohne wenn und aber, in unserer Republik das Sagen hat.

    Das es zu vermehrten Krankheitsbildern und Toten kommt, weil ja schon seit Jahren gelogen wird, regt niemanden auf. Warum auch.

    Wie einfach wäre es, wenn die Tests unabhängig durchgeführt würden, die Luft-Messungen in den Städten ernst genommen würden, alles ganz einfach. Leider dann nicht, wenn auch alle Lobbyinteressen bedient werden sollen.

    Hamburg wurde vor Gericht gezerrt wegen der Nichteinhaltung der Luftreinhaltungsrichtlinie der EU. Passiert ist nichts. Die Werte sind schlechter als je zuvor in unserer Stadt. Damals, bei der Verhandlung gab es erboste Reaktionen der Senatsvertreter und ich erinnere mich noch genau, dass einer sagte: Wenn das Urteil gegen uns ausfällt, dann werden die Messstationen eben so umgebaut, dass sie weiter weg stehen von den Strassen, dass lasse das Verfahren zu, die Werte würden dann geringer ausfallen. Soviel zu den Vertretern die das Wohl des Volkes im Auge haben und danach handeln sollen. Solange die Lobbyisten nicht aus allen Parlamenten hinaus geworfen werden und Politik wieder unabhängig ist, solange haben wir auch keine Chance auf eine Demokratie. Denn die wurde mit der Markt Konformität im Neoliberalismus abgeschafft. Es geht nur um Geld, Macht und Markt. Wie sonst ist es zu erklären, dass alles bekannt ist, was notwendig wäre um den Klimawandel, die Armut, Kriege, Flucht, Ressourssenverschwendung einzudämmen?

    Nichts passiert. Nur die Angst es könne nicht genügend Wachstum geben, lässt alles zu, was notwendig ist, um die Welt zugrunde zu richten.

    Tja, so wird das nichts, mit einer Zukunftssicherung in unserer sensiblen Welt.

    Es liegt an uns, dieses gefährliche und zukunftsfeindliche System zu beenden.

    • @mundomejor:

      Es wird immer eine geklüngel zwischen Politik und Industrie bleiben, egal welche Sau man durchs Dorf treibt. Der Kapitalismus sorgt dafür, dass die Parteien immer nach Macht streben und daran wird sich auch nie wieder was ändern. So ist die Natur des Menschen einfach. Man muss so ehrlich sein und das akzeptieren.

  • Ich frage mich wirklich, warum diese Sau bis zur Erschöpfung durchs Dorf getrieben wird. Es wird in der Industrie soviel betrogen und belogen, dass dieser vermeintliche Skandal ein Tropfen auf den heißen Stein ist.

    Meiner Meinung nach ist das alles gelenkt und die deutschen klick- und auflagengeilen Medien stürzen sich wie hungrige Bluthunde auf das VW-Fleisch, während die Strippenzieher sich ins Fäustchen lachen.