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Wachsender RohstoffbedarfDie Uranwirtschaft strahlt

Japan fährt seine Atomkraftwerke wieder hoch, weltweit boomt die Kernenergie. Größter Hoffnungsträger der Branche bleibt China.

Es gibt viel zu tun: Arbeiter in einer Uranmine in Kasachstan

Hamburg taz | Uranunternehmen erwarten spätestens für das kommende Jahr einen Boom. Der Grund: Während Länder wie Deutschland aus der Kernenergie aussteigen, werden weltweit mehr Atomkraftwerke gebaut, die mit Uran beliefert werden müssen. Auf der wichtigsten Veranstaltung der globalen Atomindustrie, dem jährlich stattfindenden „World Nuclear Association Symposium“ in London, war daher der Optimismus der Branchenvertreter groß.

Ein Grund für die Renaissance des Atoms ist auch Japans Wiedereinstieg in die Kernenergie. Der Reaktor „Sendai 1“ ging Mitte August wieder ans Netz – und erreichte bereits seine 100-prozentige Leistung. Weitere sollen folgen. Auch in Indien erwartet die Uranbranche einen verstärkten Ausbau der Kernenergie. Größter Hoffnungsträger der Atomlobby ist jedoch China: Dort wächst die Wirtschaft weiter, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie bislang. Das bedeutet fast automatisch mehr Hunger nach Energie.

Schon heute stammt fast ein Viertel des chinesischen Stroms aus Kernenergie, bis 2020 soll der Anteil nach den Plänen in Peking verdoppelt werden. Zum Vergleich: Weltweit werden derzeit 11 Prozent des Stroms aus Kernenergie erzeugt. Allein in diesem Jahr sollen in China acht neue Reaktoren ans Netz gehen. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht ist deshalb zunehmend auf große Mengen Uran angewiesen. „So ist es kein Wunder, dass China versucht, Uranressourcen zu erwerben“, sagt ein Sprecher von Swiss Resource Capital AG, einer finanzmarktnahen Nachrichtenagentur für den Rohstoffsektor.

Um Uran zu fördern, sei China zudem an Liegenschaften in Kasachstan, Kanada und Australien interessiert. Das Land plane zudem, nur ein Drittel seines Urans im Inland abzubauen. Ein weiteres Drittel solle durch Beteiligungen im Ausland, das letzte auf dem freien Markt beschafft werden.

Da der Markt weltweit anzieht, wird es laut Branchenverband World Nuclear Association (WNA) künftig vermehrt Nachrichten über Akquisitionen von Uranfirmen und -minen geben. Das von der WNA organisierte Londoner Branchentreffen zog 600 Führungskräfte und Fachleute aus mehr als 30 Ländern an. Ebenso viele Staaten setzen derzeit weltweit noch auf Atomkraft.

Fission Uranium auf Expansionskurs

Auch der kanadische Konzern Fission Uranium, einer der größten Akteure am Uranmarkt, ist auf Expansionskurs. Dafür ist auch ein Wirtschaftlichkeitsgutachten für seine Uranlagerstätte im Athabascabecken in Kanada verantwortlich. Der Wert wird auf etwa 5 Milliarden US-Dollar geschätzt, 14 Jahre lang wird hier Uran abgebaut werden können, ein guter Wert. Im Athabascabecken liegt auch die größte Uranmine der Erde, die McArthur-River-Mine. 13 Prozent der weltweiten Uranproduktion werden hier abgebaut. Sie gehört dem französischen Industriekonzern Areva und der kanadischen Cameco, der Nummer eins im Urangeschäft.

Cameco-Aktien gelten weltweit als „Standardanlage“ für Finanzinvestoren auch in Deutschland. Cameco steht derzeit nach einer längeren Durststrecke wieder in Verhandlungen über lukrative, langfristige Lieferverträge mit AKW-Betreibern. „Diese Entwicklungen sollten dem Uranpreis in den kommenden Jahren wieder nach oben helfen“, sind die Experten von Swiss Ressource überzeugt.

Japans AKW-Abschaltung und der deutsche Atomausstieg im „Hauruckverfahren“ hätten einen jahrelangen Preisverfall ausgelöst. Erst Japans Atom-Comeback stoppte in diesem Sommer den Fall. Nun erwarten die Analysten des US-Finanzdienstleisters Raymond James schon für die zweite Jahreshälfte einen leichten Preisanstieg auf 38 US-Dollar je Pfund Uran. Für 2016 halten sie sogar 45, langfristig 70 US-Dollar für realistisch.

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5 Kommentare

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  • Inzwischen gibt es erste Reaktoren, die auch das Plutonium aus den bisher angefallenen abgebrannten Bennstäben in "schnellen Brennern" verwerten können , zB. der russischen BN800 Reaktor.

    Damit können die stark strahlenden Isotopen aus dem "Atommüll" verwertet werden und die Zeit in der Atommüll gefährlich strahlt, sinkt auf einige 100 Jahre. Die bisher eingelagerten, abgebrannten Brennstäbe reichen damit für die Energieversorgung der nächsten 90 Jahre.

    Der Bedarf an neuen Uran-Minen wird deutlich zurückgehen.

  • Kurz zu CAMECO: Wer sein Geld verbrennen will, kann es gerne bei CAMECO anlegen: die Aktie hat in den letzten 5 Jahren zwischen 2/3 und 3/4 ihres Wertes verloren.

    Ganz ähnlich erging es dem Branchengiganten AREVA, die Aktie wurde von den Ratingagenturen zuletzt auf "Ramsch"-Status gesetzt - und mit der Bilanz 2014 ist AREVA mit rd. 200 Mio. ÜBERSCHULDET ...

     

    Klasse Branche, oder?

     

    Von rd. 50 japanischen AKWs wurden gerade mal 2 wieder angeschaltet ... wie war das doch: Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling - auch nicht zwei. Wiedereinstieg??

     

    Auf welchem Gerücht es beruht, daß "Fission Uranium" einer der größten AKTEURE im Urangeschäft sei, bleibt dunkel: die Firma hat EIN großes Vorkommen ausfindig gemacht - das ist bisher alles: Kein Bergwerk, keine Uranproduktion ...

    (Die großen "Akteure" sind da schon eher CAMECO, AREVA, Rio Tinto, BHP Billiton ...)

     

    Ein Reality-Check wäre gut, statt blind der Propaganda zu glauben, die Investoren dazu verlocken will, in einen hochgradig unsicheren Markt zu investieren.

     

    Günter Wippel

    uranium-network.org

     

    Sachinfos:

    WISE Uranium Project (http://www.wise-uranium.org)

    World Nuclear Industry Status Report

  • Ist die taz ganz schön auf die Propaganda einiger Investoren-Propagandisten hereingefallen?

     

    Mehrere Studien seriöser Consulting-Firmen kommen zu dem Schluss, daß vor 2020 keinesfalls mit einem wesentlichen Anstieg des Uranpreises zu rechnen ist.

     

    In einem Nachrichtendienst der Atomindustrie wird klar eingeräumt, daß es mit dem Uranmarkt bescheiden aussieht und dass es dabei bleiben wird für viele Jahre - ein überraschendes Eingeständnis von fachkundiger Seite, die die REALITÄT zur Kenntnis nimmt (anstatt Propaganda weiterzuverbreiten).

     

    MEHRERE Uranprojekte wurden inzwischen fallengelassen bzw. eingemottet (z.B. Trekoppje in Namibia, Azelik in Niger - im Besitz der chinesischen Uran-Staatsfirma CNNC, ein Projekt von Denison Mines in Falea / Mali, alle uranbezogenen Aktivitäten in der Zentralafrik. Republik, etc.), das Kayalekera Uranbergwerk, Malawi, vor Jahren hochgejubelt, wurde wg. Un-Rentabilität eingestellt - und die Weltbank WARNTE vor einer Wiedereröffnung ...

     

    Das Projekt Imouraren von AREVA in Niger:

     

    War zunächst von einer Produktion von rd. 5.000 t Uran / Jahr die Rede, und einer Investition von rd. 1 Mrd €,

    so verschob sich der Projektbeginn immer weiter in die Zukunft:

    2010 wurde 2013 als Start der Produktion angegeben,

    2011 wurde eine Verschiebung auf 2014 avisiert,

    2013 verkündete AREVA Mitte 2015 als Produktionsbeginn, kurz darauf war es ENDE 2015.

    Im Dezember 2013 ist dann von einer Verschiebung auf 2019 / 2020 die Rede, die AREVA jedoch abstreitet.

    Im Nov. 2014 hofft der franz. Premier Valls, dass da Projekt „vor Ende 2020“ in Produktion gehe –

    AREVA selbst hat inzwischen das Vertrauen in sein Vorhaben verloren:

    Rd. 82.000 t „nachgewiesener“ Uranvorkommen wurden in die Kategorie „wahrscheinlicher“ Vorkommen transferiert – es werden keine „nachgewiesenen“ Uranvorkommen mehr gelistet – letztendlich eine Pleite-Erklärung des zunächst hochgejubelten Vorkommens.

     

    Günter Wippel

    uranium-network.org

  • Mein Optimismus schwindet immer mehr. Und ich hatte gehofft, dass der Mensch irgendwann einmal lernfähig wird...

  • Jetzt geht also auch die TAZ der ausgefeilten Propaganda der internationalen Atomindustrie auf den Leim. "Weltweit boomt die Kernenergie"? Ich rate einen Blick in den World Nuclear Industry Status Report 2015 (http://www.WorldNuclearReport.org) zu werfen. Dort reichen ein paar Zahlen zur Ernüchterung. Z.B. gingen 2010 noch 15 AKW weltweit in Bau, 2014 waren es noch drei, im ersten Halbjahr 2015 gerade mal zwei. Das einzige Land das baut ist China, doch produziert dort Wind inzwischen mehr Strom als Atom. Letzteres deckt gerade mal 2% des Stromverbrauchs (nicht "fast ein Viertel" wie in diesem kuriosen Artikel verkündet). Erstaunlich auch, dass bei dem "Boom" der Aktienwert des selbstdeklarierten "global leader in nuclear energy" AREVA diese Woche mal wieder auf ein neues historisches Tief gepurzelt ist, über 90% unter den einstigen Höchstwert.

    mit bestem Grusse,

    Mycle Schneider