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Geht’s nochDer Exfreund der Ökos

Der Ölpreis sinkt und sinkt und bleibt auch noch am Boden. Dabei müsste es doch längst madmaxmäßig zugehen

Bis Mitte 2008 war der Ölpreis der beste Freund des Ökos. Fast ein Jahrzehnt hatte sich die schwarze Schlacke unentwegt verteuert, von 10 auf 140 Dollar pro Barrel. Sie würde erbarmungslos immer mehr kosten, was die Klugen nicht überraschte, denn sie hatten schon immer gewusst: Peak Oil ist bereits erreicht, das Maximum der globalen Ölförderung.

Jetzt würden sie alle büßen. Die Ölbosse in ihren Anzügen, die Porschefahrer, die Banker, das ganze System, das seinen Stolz, seine Potenz aus der rücksichtslosen Ausbeutung des letzten Tropfens schöpfte. Die morbide Freude am Zusammenbruch des wahnsinnigen Wirtschaftssystems stand in der Luft, und auf jeder Party zitierte man den Club of Rome und die Grenzen des Wachstums.

Dann kam die Wirtschaftskrise 2008 und Öl wurde zunächst billiger. War aber klar, wegen des sinkenden Verbrauchs. Trotzdem stimmt seitdem was nicht: Die Preise erreichten nie wieder die alten Höhen. Vor ungefähr einem Jahr stürzten die wichtigen Sorten WRI und Brent von einem Plateau um die 100 Dollar ab. Ohne Wirtschaftskrise, einfach so. Seit Januar dümpeln sie vor sich hin, bisweilen unter 50 Dollar. Echt verhext. Der Ölpreis hat zu steigen, fertig. Wozu, beim heiligen Hermann Scheer, machen wir Energiewende?

Es gibt bekanntlich Prophezeiungen, die gehen nur in Erfüllung, weil sie jemand ausspricht. Beim Ölpreis könnte es genau andersherum sein. Der steigt nicht ewig, weil seit Jahrzehnten vor einem solchen Szenario gewarnt wird. Also fracken wahnsinnige US-Amerikaner tatsächlich noch den letzten Tropen aus dem Boden. Gleichzeitig zeigt die ewige Diskussion über Klimaschutz und Energieeffizienz Wirkung. Nicht derart, dass der Planet gerettet wäre, aber der weltweite Ölverbrauch steigt tatsächlich ein klein wenig langsamer als gedacht. Das genügt, um den Ölpreis momentan im Keller zu halten.

Es gibt diverse weitere Erklärungen für die derzeitige Entwicklung. Wichtig für Anhänger der Ölpreisapokalypse: Sie kommt. Haltet durch. Und wenn nicht, ist auch gut. Ingo Arzt

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