: Aufdringlichkeit zahlt sich aus
Mindestlohn Wie Verleger und Bauernlobby bei Merkel Druck machten
Die Linksfraktion wollte von der Bundesregierung wissen, an welchen Stellen Lobbyisten auf den Gesetzgebungsprozess eingewirkt haben. In der Antwort der Regierung werden Treffen der Bundeskanzlerin, der zuständigen Minister und Staatssekretäre aufgelistet. Das klammert bereits viel aus. Denn kluge Lobbyisten wissen, dass sie ihre Wünsche so früh wie möglich bei den Referenten einbringen müssen.
Aus der Liste der Treffen lässt sich dennoch ablesen, welche Verbände einen besonders guten Draht ins Kanzleramt und in die Ministerien hatten. „Die Lobbyisten der Verleger und der Bauernverbände hatten offensichtlich erhöhten Gesprächsbedarf“, sagt der Wirtschaftsexperte der Linksfraktion, Michael Schlecht. Mit neun Treffen hatten die Zeitungsverleger weit mehr Kontakte als alle anderen Branchen. Ihnen galt zudem die erste Einladung von Angela Merkel zum Thema Mindestlohn, noch vor dem Arbeitgeberverband.
Politiker seien eben besonders sensibel gegenüber Lobbyisten, wenn sie befürchten müssten, dass diese sich für Unbotmäßigkeiten rächen könnten, so Schlecht. Interessenvertreter aus der Landwirtschaft trafen sich laut Antwort sechsmal mit Regierungsmitgliedern, damit gehören sie mit den Lobbyisten des Handwerks und Baugewerbes ebenfalls zu den privilegierten Gesprächspartnern.
Die Verantwortung für zahlreiche Sonderregelungen im Gesetz schiebt die Regierung auf die Abgeordneten. Die Überprüfungsklausel beispielsweise, nach der die Auswirkungen des Mindestlohnes in einigen Jahren evaluiert und das Gesetz entsprechend geändert werden kann, sei auf Wunsch der Parlamentarier eingefügt worden. Von welchen Lobbyisten sie umschwärmt wurden, bleibt im Dunkeln. Schlecht meint: „Was im Einzelnen besprochen wurde, wird sich leider nicht rausbekommen lassen.“ Ebenso wenig lässt sich nachvollziehen, ob und welche Formulierungen im Gesetz aus der Feder von Lobbyisten stammen. Die Antwort der Regierung lautet: „Keine.“ Josephine Schulz
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