: Patriots raus, Tornados rein
Deutschland Regierung kritisiert Erdoğan vorsichtig – Opposition fordert Konsequenzen
Und am Tag darauf? Als Ministerpräsident Erdoğan am Dienstagvormittag offiziell Abstand vom Friedensprozess nimmt, scheint die Bundesregierung überrumpelt. Kanzleramt, Verteidigungsministerium, Auswärtiges Amt: Zunächst schweigen alle. Erst am frühen Abend heißt es aus dem Auswärtigen Amt, man sei „weiterhin der Auffassung, dass es richtig ist, den Annäherungsprozess fortzusetzen und auf die positiven Schritte der letzten Jahre aufzubauen.“
Die Opposition gibt sich weniger diplomatisch. „Die Bundesregierung muss Erdoğans Aufkündigung des Friedensprozesses in der Türkei klar verurteilen und die Konsequenzen daraus ziehen“, sagt die Linken-Abgeordnete Sevim Dağdelen. Von der Bundesregierung fordert Dağdelen daher, den Bundeswehreinsatz in der Osttürkei zu beenden und die dort stationierten Patriot-Raketen abzuziehen.
Im Kampf gegen die PKK spielen diese Flugabwehrsysteme keine Rolle. Stattdessen sollen sie türkische Städte vor Angriffen des syrischen Militärs schützen. Das Regime in Damaskus hat das türkische Staatsgebiet derzeit aber gar nicht im Visier, weshalb der Patriot-Einsatz vor allem als Zeichen der Solidarität mit der türkische Regierung gilt.
Und geht es nach der CDU, wird die Bundesregierung diese Solidarität auch weiterhin zeigen. Zwar sagt Roderich Kiesewetter, Außenpolitiker der Union: „Die Beendigung des Friedensprozesses durch die Regierung in Ankara wird den Kampf gegen den IS erschweren, weil dazu alle vorhandenen Kräfte gebündelt werden müssten.“ Trotzdem fordert er, dass Nato und Bundeswehr in der Osttürkei aktiv bleiben – wenn nicht durch die derzeit relativ nutzlosen Patriot-Raketen, dann in einer „Nato-Folgemission, zum Beispiel durch eine Aufklärung aus der Luft mit sogenannten ‚RECCE-Tornados‘“.
Tobias Schulze
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen