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Am besten nackt mit Augenbinde

Kommentar

von Alke Wierth

Neutralität und Kopftücher

Dilek Kolat hat recht: Der Neutralität des Staates kommt in vielfältigen Gesellschaften besondere Bedeutung zu. Das schrieb die Integrationssenatorin in der Berliner Zeitung. Doch ist das wirklich ein Grund, das islamische Kopftuch aus Schulen, Gerichten, Polizeiwachen zu verbannen? Denn um dieses dreht es sich in erster Linie bei der Debatte über das Berliner Neutralitätsgesetz.

Zum einen: Wer das Kopftuch trägt, versteckt sich nicht. Er, besser, sie zeigt offen, welcher Religion sie angehört – und macht sich damit in allen in offizieller Funktion getroffenen Entscheidungen angreif- und kontrollierbarer. Zum Zweiten: Das Kopftuchverbot grenzt nur Frauen aus bestimmten Berufen aus. Das ist schlicht ungerecht. Oder werden wir bald darüber diskutieren, wie lang die Bärte von Lehrern oder Richtern sein dürfen? Welche Schmuckstücke oder Tattoos sie unter der Robe tragen? Dann wäre die logische Konsequenz, nackt mit Augenbinde dem Staat zu dienen.

Vorbehalt in den Köpfen

Ja, Neutralität ist wichtig. Aber sie ist in gesellschaftlichen Fragen ein Ideal, das faktisch unerreichbar ist. Es ist deshalb Quatsch, sie an Kleidungsstücken festzumachen – und auch ein nackter Richter hülfe nichts.

Denn die Vorbehalte sitzen in den Köpfen – und in diesem Sinne sind unsere Staatsinstitutionen wie Justiz, Schulen, Polizei von Neutralität weit entfernt. Sie sind dominiert von männlichen weißen Mittelschichtsköpfen, mit all den Vorurteilen drin, über die viele migrantische Jugendliche ein langes Leidenslied singen können. Berlin hat das da verstanden, wo in Behörden versucht wird, dem eine Vielfalt bei den Beschäftigten entgegenzusetzen, die im Diskurs Neutralität möglicher macht. Dabei Frauen mit Kopftüchern auszuschließen, dafür gibt es keinen vernünftigen Grund.

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