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Deutschland blockiert EU-RichtlinieVeto gegen Antidiskriminierung

Deutschland blockiert eine EU-Richtlinie zur Antidiskriminierung. Mehr als 40 NGOs kritisieren jetzt das Verhalten des Bundes.

Deutschland, sei nicht diese Stufe! Foto: dpa

Berlin taz | Seit 2008 diskutiert die EU eine neue Antidiskriminierungsrichtlinie. Mittlerweile haben alle Staaten ihr Einverständnis signalisiert – bis auf Deutschland. De facto blockiert Deutschland so den europaweiten Diskriminierungsschutz. Für die Verabschiedung ist Einigkeit der EU-Länder notwendig.

Kritik kommt nun von mehr als 40 Nichtregierungsorganisationen und Verbänden sowie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. „Es ist völlig unverständlich, dass Deutschland als einziges Land einen besseren Schutz vor Diskriminierungen für ganz Europa blockiert“, sagt Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle. In einem gemeinsamen Appell fordern die Gruppen die Bundesregierung auf, ihr Veto gegen den europaweiten Diskriminierungsschutz aufzugeben. Unterzeichnet haben unter anderem Amnesty International, die Arbeiterwohlfahrt, der Zentralrat deutscher Sinti und Roma, der Lesben- und Schwulenverband Deutschland sowie der Deutsche Behindertenrat.

Die neue Richtlinie (hier im Volltext) dehnt den Schutz vor Diskriminierung aufgrund von Alter, sexueller Orientierung, Religion, Weltanschauung und Behinderung auf das Zivilrecht aus und berücksichtigt auch die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskonvention. Es geht um den diskriminierungsfreien Zugang zu Waren und Dienstleistungen, der noch nicht in allen EU-Ländern besteht.

„Wenn ein Gastwirt Behinderte abweist, weil er seinen Gästen den Anblick von behinderten Menschen nicht zumuten will, können sich die Behinderten in diesen EU-Staaten dagegen nicht wehren“, erläutert Manfred Bruns, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof a. D., der zu den ErstunterzeichnerInnen des Appells gehört.

In Deutschland ist das meiste schon umgesetzt

Frühere Richtlinien haben bereits Diskriminierung aufgrund von „Rasse“, ethnischer Herkunft und Geschlecht verboten. So können sich theoretisch in allen EU-Staaten Schwarze dagegen wehren, wenn ihnen der Zugang zu einem Lokal verwehrt wird. Das gilt in einigen Staaten aber nicht für JüdInnen, MuslimInnen, Menschen mit Behinderung, Alte, Lesben und Schwule. Die Verabschiedung der neuen Richtlinie würde eine Hierarchisierung von Diskriminierungsmerkmalen beenden, sie würde versteckte Diskriminierung verhindern und die Bekämpfung von Mehrfachdiskriminierung erleichtern.

In Deutschland sind viele dieser Regelungen bereits seit Jahren durch das Allgemeine Gleichstellungsgesetz von 2006 im Arbeits- und Zivilrecht verankert. Der Umsetzungsbedarf wäre also gering. Um so unverständlicher erscheint die bisherige grundsätzliche Ablehnung der Bundesregierung.

Eine Sprecherin des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend möchte das nicht erklären, sie sagt: „Die Beratungen innerhalb der Bundesregierung dazu sind noch nicht abgeschlossen. Deshalb haben wir in Brüssel bisher keine Stellung dazu genommen.“ Aus einem EU-Dossier vom Dezember 2014 geht hervor, dass Deutschland vor allem nationalstaatliche Bedenken hat: Antidiskriminierung müsse auf nationalstaatlicher Ebene geregelt werden.

Mit dieser Meinung steht Deutschland allein da: Auch EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Kommissions-Präsident Jean-Claude Juncker wollen die Richtlinie.

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3 Kommentare

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  • "Es geht um den diskriminierungs-freien Zugang zu Waren..." Wie muß ich mir das vorstellen? Regale nur noch in Augenhöhe bis 1,30 m für Rollstuhlfahrer und alle Artikel mit Angaben in Blindenschrift? Und nicht die Hundehalter vergessen. Nicht einmal am Grunewaldsee darf sich mein Hund un damit auch sein Besitzer nicht mehr ohne Diskriminierung bewegen. Da kann noch einiges nachgearbeitet werden, damit sich auch jeder einmal dikriminiert fühlen kann.

    "Der Umsetzungsbedarf wäre gering..." Warum dann dieser Aufwand?

  • Liegt es wirklich nur daran, dass die deutsche Regierung diese Komeptenz nicht an die EU abgeben möchte? Oder gibt es auch inhaltlichen Gründe? Manche Antidiskriminierungsregelung ging bislang "nach hinten" los. So wurde das Diskriminierungsverbot von alten Menschen gleichheitsgerecht neutral formuliert und schon konnten sich junge Menschen über diskriminierende Regelungen bzgl. Arbeitszeit oder Lohn beklagen. So manche vermeintliche Diskriminierung geschieht eigentlich umgekehrt.

  • Es ist nicht unverständlich, dieses heutige Deutschland ist nicht der Zukunft verhaftet sondern geht zurück in die Vergangenheit. Das ist im Umweltschutz zu erkennen, sieh Glyphosat, siehe Fracking (Rotenburg Wümme, Walsrode) wäre in den 80/90ern nicht möglich gewesen. Wir sind ein sozialistischer Staat mit kapitalistischer Diktatur geworden, keiner hat`s gemerkt. Es darf auch noch keiner wissen.

    ES IST UNVERSTÄNDLICH DAS DEUTSCHLAND ALS EINZIGES LAND EINEN BESSEREN SCHUTZ VOR DISKRIMINIERUNGEN IN EUROPA BLOCKIERT.

    Nein auf dem Weg den uns die Merkelsche Regierung führt ist dieses Nein zu diesem Gesetz ein muß. Es kommt noch schlimmer.