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Flüchtlinge in FreitalTumulte bei Bürgerversammlung

Bei einer Bürgerversammlung zum Thema Asyl gab es in Freital erneut Anfeindungen. Offen hetzten Teilnehmer gegen Asylsuchende und Unterstützer.

380 Leute durften rein, es kamen mehr: Freital am Montagabend. Foto: dpa

Freital dpa | Tumultartige Szenen und heftige Anfeindungen haben eine Bürgerversammlung zum Thema Asyl im sächsischen Freital überlagert. Die Stadt vor den Toren Dresdens hatte in den vergangenen Wochen mit rassistischen Protesten vor einer Flüchtlingsunterkunft in einem ehemaligen Hotel Schlagzeilen gemacht. Bei der Versammlung am Montagabend wurden erneut pauschale Vorurteile und Hetze gegen Asylbewerber laut. Versammlungsteilnehmer, die sich für Flüchtlinge einsetzten, wurden von anderen niedergebrüllt.

Die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates und der künftige Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) forderten ein Ende von Fremdenfeindlichkeit und Hass. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), der sich den Fragen der Bürger stellte, zeigte sich von den Störern enttäuscht. Mit denen sei ein Gespräch unmöglich. „Erfolg sieht anders aus, aber wichtig war sie, die Veranstaltung.“ Es sei darum gegangen, Sorgen und Themen der Bürger aufzunehmen.

Gleich zu Beginn der Versammlung gab es heftige Proteste, als der Saal wegen Überfüllung geschlossen wurde. Viele Bürger standen noch vor dem Gebäude und verlangten wütend Einlass. Laut Stadtverwaltung waren 380 Versammlungsteilnehmer zugelassen. Erst als noch einige weitere Bürger eingelassen wurden und zugesagt wurde, eine weitere Versammlung abzuhalten, beruhigte sich die Situation leicht.

Ulbig wurde ausgebuht, als er die Situation bei der Flüchtlingsunterbringung darstellen wollte. Bürger warfen der Politik vor, sie zu belügen. Die Asylbewerber würden den Frieden in dem Wohngebiet stören. „Die verursachen nur Dreck und Müll und schmeißen alles aus dem Fenster“, sagte eine Anwohnerin. Eine andere gab an, wegen des Lärms nachts ohne Schlaftabletten kein Auge mehr zuzumachen. Geld würde „für Asylbewerber verschwendet“ und fehle beim Kitabau oder für marode Schulen.

Bürger, die sich kritisch mit den Anti-Asyl-Protesten vor dem Heim auseinandersetzen, wurden mit „Halt die Fresse“-Rufen niedergeschrien. Einer Vertreterin der Initiative für Weltoffenheit und Toleranz wurde das Mikrofon weggenommen.

Seit Monaten kommt es in Freital zu Protesten gegen die vom Landkreis genutzte Asylunterkunft in dem früheren Hotel. Als dort vor zwei Wochen eine Erstaufnahmeeinrichtung mit weiteren 280 Plätzen eingerichtet wurde, eskalierte die Lage. Die Anwohner sprachen von einer „Nacht- und Nebelaktion“ der Landesregierung. Den Asylgegnern stellten sich teils mehr als hundert Gegendemonstranten entgegen. Mehrfach wurden sie von mutmaßlich Rechten angegriffen.

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4 Kommentare

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  • Wie frei dieses Tal doch sein könnte.

    Umdenken dauert.

    Vor allem gilt es die völkische Ideologie zu isolieren, diesen Abgrenzungswahn.

  • 6G
    64457 (Profil gelöscht)

    Wurde das selbe Kulturhaus nicht mal an die Republikaner vermietet für einen Parteitag? Und jetzt wundert sich die Stadt...

  • Ein guter Anfang wäre auch, wenn die Maßstäbe die hier gefordert werden überall gelten würden.

     

    Wer bei einer Sarrazin-Lesung oder PEGIDA-Demo war, der kann von Schreihälsen, Niederbrüllern etc. auch berichten.

  • Soziale Ungleichheit und Fremdenfeindlichkeit.

     

    Das Übel der Fremdenfeindlichkeit an der sozialen Wurzel packen!

     

    Wir müssten schon die sozial-ökonomischen Wurzeln der Fremdenfeindlichkeit in Deutschland nachhaltig beseitigen. Um so höher der allgemeine Wohlstand in einer sozial-ökonomischen und sozial-ökologischen Gesellschaft, um so größer ist die Hilfsbereitschaft und Fürsorge für [fremde] Menschen [humanistische Nächstenliebe].

     

    Allerdings, die bestehende einseitige Wohlstands- und Reichtumsgesellschaft, die kapitalistische Soziale Marktwirtschaft der Bourgeoisie und deren politischen Aktionäre, in deren EU wie BRD, ist hierzu nicht befähigt, -- nicht geeignet.

     

    Hierfür, für Hilfsbereitschaft und Fürsorge, vor allem auch gegenüber den Opfern von imperialistischen [Rohstoff- und geo-politischen] Kriegen und Vertreibung, bedarf es einer Umwälzung der [moralisch:] ungerechten Gesellschaftsordnung. Es bedarf weiterhin einer Umverteilung des von der Mehrheit der werktätigen Bevölkerung geschaffenen gesamt-gesellschaftlichen Reichtums: einer Umverteilung von oben nach unten! -- Vor allem auf der Basis einer Überführung der gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsmittel in Gemeineigentum! -- im 21. Jahrhundert.

     

    Soziale Gerechtigkeit überwindet auch Fremdenfeindlichkeit in Deutschland und Europa!